Bereits im Frühjahr 2016 kündigte Weezer-Frontmann Rivers Cuomo vollmundig an, auf das kürzlich erschienene, recht brave „White Album“ als nächstes – der Weezer-Logik entsprechend – den düsteren Gegenspieler „Black Album“ folgen zu lassen. Tatsächlich schob man 2017 jedoch erst noch das heiter belanglose „Pacific Daydream“ und Anfang 2019 noch das Cover-Album „Teal Album“ dazwischen, bevor nun endlich das lang erwartete – angeblich böse – schwarze Album erschienen ist.
Der gefährlich verruchte, schwarze Panther (Cuomo kündigte an, auf diesem Album erstmals fluchen zu wollen) entpuppt sich nach mehrmaligem Hören jedoch eher als handzahmes, schwarzes Kuschelkätzchen: austauschbar, brav und ganz und gar nicht böse.
Ach, wo sind sie hin, die guten alten Zeiten, Anfang der 2000er, als sich Weezer noch mit eigenem – sprich: genuinem – Stil, unverbrauchtem High-School-Charme und herrlichen Schrammel-Hits wie „Buddy Holly“ in unsere Herzen spielten? Zeiten, in denen wir jedes Wochenende mit Songs von Supergrass, den Strokes, Jet und Franz Ferdinand Party machten und die Bands alle noch ihre eigene, musikalische Handschrift hatten.
15 Jahre später kann man Weezer zwar nicht vorwerfen, faul gewesen zu sein, haben sie doch stets und in regelmäßigen Abständen neue Alben auf den Markt geworfen. Der einstige Esprit der frühen Werke bleibt jedoch unerreicht. Sie sind nun eben keine coolen Jungs mehr, die einfach Bock haben zu rocken und ihr Ding zu machen. Nein, sie versuchen zwar noch immer die ewig jungen, gut gelaunten Surf-Boys zu geben, sind aber nun in ihren Vierzigern und schon längst Teil der gnadenlosen Vermarktungs-Maschinerie, deren zwei Grundregeln lauten: Produziert so viele Alben wie möglich, am besten jedes Jahr eins, sonst geratet ihr in Vergessenheit! Und verwendet alles, was gerade beim Mainstream angesagt ist, damit die Platte bloß nicht floppt! Keine Experimente – und um Gottes Willen kein eigenwilliger Stil! Schön glatt und unauffällig soll es klingen, dann sind alle happy, vor allem die Plattenfirma. Weezer scheinen sich genau das leider zu Herzen genommen zu haben.
Nun aber zum neuen Black Album: Es geht los mit deftig mainstreamigen Latino-Soul-Klängen, („Can’t Knock the Hustle“), die allerhöchstens die eingefleischtesten R’n’B-Liebhaber mit dem nervigen „Hasta Luego“-Refrain hinter dem Ofen hervorlocken können. Aber – oha! – Cuomo tut es tatsächlich: Er zischt ein richtig böses Gangster-„Bitch“ dazwischen und hält damit sein Versprechen, auf dem Black Album endlich mal so richtig zu fluchen – gefährlich! Das überproduzierte und bombastische „California Snow“ huldigt dem allseits beliebten EDM-Piano und obligatorischen Drum-Computer-Fills. „Living in L.A.“ langweilt mit elektronischen Drops, die man heutzutage in nahezu jedem Teenager-Pop-Song findet.
Das klavierdominierte „Piece of Cake“ klingt so lieblich und handzahm, dass man sich fragt, was das mit „schwarz“ und „düster“ zu tun haben soll. Ebenso kuschelig und ganz und gar nicht böse, geht es mit „I’m just Being Honest“ weiter: An U2 und Kings of Leon erinnert, kann man es sich hier auf dem Pop-Rock-Sofa gemütlich machen und dabei irritiert auf das gruselige Album-Cover schauen, das die Band von Kopf bis Fuß mit schwarzer Farbe übergossen, ganz im anonymen Stil von Daft Punk zeigt. Aber Achtung: Hier werden falsche Assoziationen geweckt, es wird quasi das Schaf im Wolfspelz verkauft.
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Insgesamt wirken die Arrangements erwartungsgemäß aufgeräumt, Dissonanzen zwischen den Elementen wird man hier kaum finden. Auch klanglich lassen sich keinerlei Schärfen feststellen, weshalb das Hören mit Ear-Buds Spaß machen sollte. Rivers Cuomos Gesang ist, wie gewohnt, klar und hell ausgesteuert produziert, mit solidem Fundament. Insgesamt hinterlassen das leicht flach klingende Schlagzeug sowie die dünn gemischten EDM-Piano- und 80er-Synthie-Sounds ein diffuses Gefühl von Mainstream-Charme und Austauschbarkeit.
BEWERTUNG WEEZER – WEEZER (BLACK ALBUM)
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 4 |
Klang | 6 |