The Raconteurs – Help Us Stranger

Das Alternative-Rock-Quartett The Raconteurs um Jack White und Brendan Benson veröffentlicht mit „Help Us Stranger“ nach elf Jahren sein drittes Studioalbum.

Der erste Song, „Born and Raised“, schließt als flinke Rock-Nummer stimmig an die Vorgänger-Songs wie „Consoler of the Lonely“ an, mit eingängigem Melodiegitarren-Lick und kräftigem Rhythmus. Das akustischer gehaltene, ebenso flotte „Help Me Stranger“ bringt – neben ähnlich eingängiger Akkordfolge – Latin-Einflüsse und verstärkte Percussion samt geschäftiger Hi-Hat ein. „Only Child“, mit Brendan Benson als Leadsänger, liefert eine dunklere Midtempo-Ballade, zwischen den Strophen mit interessanten Effektgitarren ausgestaltet. Gefühlt chaotischer startet „Don’t Bother Me“: zwischen Punk, Alternative und Noise, mit donnerndem Schlagzeug und minimalistischem Strophen-Riff in Richtung Black Sabbath – bevor schließlich ein langsameres Bluesrock-Riff für Abwechslung sorgt.

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Ein Highlight: „Shine the Light on Me“, ein gemächlicher Bluesrock-Song mit typisch halbdüsteren Raconteurs-Harmonien, der mit einem Chor-Intro beginnt und schließlich mit verfremdet komprimierten Klavier-Akkorden fortgeführt wird, deren Klang grob an späte Beatles-Alben erinnert,. Die langsame Ballade „Somedays (I Don’t Feel Like Trying)“ bewegt sich zwischen Country, Americana und Alternative-Rock, mit harmonisch interessantem Refrain – ebenfalls ein Höhepunkt. Die kurze Nummer „Hey Gyp (Dig the Slowness)“ bleibt experimenteller gehalten, mit verzerrtem „Telefon-Gesang“ und einem Rhythmus mit entfernter Reminiszenz an Bo Diddley.

Die erste Single des Albums, „Sunday Driver“, rockt schlicht und direkt, getrieben durch ein Jack-White-typisches Akkordriff – praktisch die Raconteurs in ihrer Essenz, so wie sie beim ersten Album „Broken Boy Soldiers“ begnnen. „Now that You’re Gone“, ein dunkler Rock-Song, thematisch und atmosphärisch gehalten wie „Many Shades of Black“ vom 2008er Vorgänger-Album, bietet als weiterer Höhepunkt ebenfalls die Raconteurs in Bestform.

„Live a Lie“ hingegen wirkt wie ein eintöniger, punkiger Schnellschuss, dessen Energie im Laufe der knapp zweieinhalb Minuten versandet. „What’s Yours is Mine“, irgendwo zwischen dystopischem Funk und Rock angesiedelt, wirkt trotz rhythmischer Wechsel seltsam schablonenhaft und unfertig. Mit „Thoughts and Prayers“ schließt eine vergleichsweise leise Country-Ballade mit Mandolinen- und Fiddle-Einwürfen das Album.

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Die Qualität des Songwritings erscheint konsistent und bewegt sich insgesamt zwischen dem komplett stimmigen Debütalbum und dem durchwachsenen Nachfolger. Klanglich ist „Help Us Stanger“ durchweg füllig und dicht produziert, mit angenehm präsenten Tiefmitten. Zum bewussten Hören „am Stück“ mag die komprimierte Unmittelbarkeit dennoch teilweise überfordern – Stichwort Artefakte: Beim zweiten Song, „Help Me Stranger“, wird im Rahmen des dichten Arrangements die geschäftige Hi-Hat deutlich präsent hörbar, mit leicht zischenden Kompressions-Artefakten – vermutlich ein gewünschter Effekt der Produktion.

Bei „Shine the Light on Me“ klingt die Hi-Hat hingegen merkwürdig phasig-zischend, die gesamten Höhen etwa der Akustikgitarren, E-Gitarren und des Gesangs erscheinen leicht unangenehm überzeichnet – das beschränkt das „Hörbarkeits-Potenzial“ des hervorragend gemachten Songs. Die Ballade „Thoughts and Prayers“ wirkt klanglich ebenfalls merkwürdig, da – trotz des leisen Arrangements – die mit Besen gespielten Drums im Sinne eines „lauten“ Alternative-Rock-Songs stark komprimiert wurden. Auch hier klingt das Höhenspektrum unangenehm präsent, gerade bei Fiddle und Akustikgitarre.

Interessantes Detail: Dem Vernehmen nach hat die Band die Abmischungen – über einen selbst eingerichteten Mini-Piratensender per UKW übertragen – im Autoradio von Jack Whites Tesla gegengehört, um per Funk Rückmeldung ins Studio zu geben. Nun, ob Bluetooth-Streaming nicht einfacher – und vor allem legal – möglich gewesen wäre, sei dahingestellt. Der Experimentiercharakter passt indes zu White.

BEWERTUNG THE RACONTEURS – HELP US STRANGER

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 8
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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