Die australische Band Tame Impala existiert bereits seit 2007. Bislang verlief die Stilistik grob zwischen Indie, Psychedelic Rock und Surf. Mit „The Slow Rush“ erscheint nun das vierte Album des Quintetts – eines, das einmal mehr die Experimentierfreudigkeit der Band veranschaulicht und zudem auch ganz neue Richtungen einschlägt.
Tame Impala mal gewohnt, mal ganz neu
Gleich der erste Song „One More Year“ zeigt einen leichten Stilwechsel auf: Vocoder-Gesangs-Synthesizer, Bassdrum-Rhythmen, überhaupt Synthie-Klänge statt Gitarren – das klingt ein wenig wie „Ritmo de la Noche“ mit Chillout. „Instand Destiny“ lässt dann klassische Drum-Rhythmen in die Synth-Kaskaden einfließen, gepaart mit der charakteristischen Kopfstimme von Sänger Kevin Parker. Hier taucht die typische Tame-Impala-Stimmung auf, zwischen Chillout samt sphärisch verhalltem Gesang, Vibraphon-Sounds, geschäftigem Indie-Rock und interessant schwurbelndem Pop. „Borderline“ bietet gradlinigen Hip-Hop-Rhythmus, dazu wieder Kopfstimme, Funk-Bass-Rhythmus und Flöten-Einwürfe – das klingt nach Urlaubsflair.
„Posthumous Forgiveness“ beginnt mit dumpfen Garagen-Drums, dazu E-Bass mit Vintage-Ästhetik, Bongos, bevor im Refrain zeitgemäß Pop zelebriert wird, samt hellen Synthies – ein eingängiges Highlight. „Breathe Deeper“ greift im verkanteten Rhythmus frühe Hip-Hop-Nummern auf, dazu ätherischer Gesang mit Echos, im Refrain schnelle Keyboard-Akkorde – das fällt unter die Rubrik „flotter Chillout“, und bietet sich für Bar-Hintergrundbeschallung bis Balkon-Soundtrack an. „Tomorrow’s Dust“ wäre demnach „Uptempo-Chillout“, mit wenigen Akkorden, Double-Time-Schlagzeug-Beat, Mellotron-Sounds, dazu teilweise brettharte Synth-Klänge. Im Laufe der knapp fünfeinhalb Minuten wirkt das Stück allerdings monoton.
„On Track“ erscheint zunächst als psychedelische Ballade, mit Orgel-, Harmonium- und verfremdeten Synth- und Klavier-Sounds. Schließlich kommt ein ebenso verfremdetes Akustik-Schlagzeug hinzu, und der Song wird zur fröhlichen Nummer, die fleißig durch Phaser- und Flanger-Effekt-Sounds gedreht wird. Das bleibt ein interessantes Experiment. „Lost in Yesterday“ erinnert mit seinem treibenden Rhythmus und dem verfremdeten, lebendigen E-Bass grob an Röyksopp – ein weiterer eingängiger Höhepunkt des Albums.
Back to the 70
„Is it True“ klingt dann nach 1970er-Jahre-Funk, mit zackigem Rhythmus, dumpfen Sounds und ebenso treibendem E-Bass. Mit „It Might Be Time“ liefern Tame Impala eine Nummer zwischen Supertramp- und Eurodance-Ästhetik, die im Refrain mit krachenden Industrial-Drum-Sounds unterlegt wird – ein zusätzlicher Beleg für die Experimentierfreudigkeit der Band. Das ruhige „One More Hour“ schließt die zwölf Songs mit Synth-Sounds, die in ein klassisches Seventies-„Rock-Oper“-Gewand münden, mit Drum-Fills, donnernden Klängen, abgehackten Streicher-Samples, gelungener Flanger-Effekt-Orgie – ein so überraschendes wie gelungenes Ende.
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Größtenteils gelungene Experimentierfreude
Generell schaffen Tame Impala bei allen Experimenten das Kunststück, geschäftig arrangierte, komplexe Pop-Nummern zu liefern, die meist trotzdem entspannt wirken. Klanglich funktioniert „The Slow Rush“ im Sinne der Experimente gut, allerdings erscheinen einige der sphärischen Klänge leicht unangenehm verschoben im Stereobild, auch sind die Einzelsounds selten plastisch impulshaft wahrnehmbar. Gelegentlich klingt das Höhenspektrum etwas überzeichnet. Gleichzeitig verzichtet die Produktion auf überzogene Kompression – was bei den dynamisch kontrastreichen Instrumenten wohl auch nicht hilfreich gewesen wäre.
TAME IMPALA – THE SLOW RUSH
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 6 |