„Monovision“, das achte Studioalbum von Ray LaMontagne, markiert ein individuelles Konzept im Schaffen des amerikanischen Singer/Songwriters: Im Gegensatz zu den Vorgängern ist das brandaktuelle Album selbstproduziert, auch hat Ray LaMontagne alle Instrumente hierauf selbst eingespielt. Die Idee dahinter spiegelt einen reduzierten Ansatz wider.
Ray LaMontagne zelebriert minimalistischen Folk-Blues …
„Roll Me, Mama, Roll Me“ beginnt minimalistisch als Folk-Blues-Song in früher Tradition, mit Akustikgitarren-Zupf-Pattern, darunter eine dezente Bassdrum sowie zurückhaltende Percussion und eine gegenläufige Bassfigur, die sich zunächst nicht richtig einfügen will. Darüber singt Ray LaMontagne verhallt und betont rauchig-bluesig, deutet teilweise die typische Kurzatmigkeit an, die er seit dem zweiten Album „Till the Sun Turns Black“ zum eigenen Stilmittel entwickelt hat. Das muss man mögen – je nach Ausprägung erscheint das Ergebnis wie eine aufgesetzte Rolle, die der Sänger einnimmt.
„I Was Born to Love You“ klingt wie eine der gewohnten langsamen Balladen des Künstlers, mit gehauchtem Gesang, dazu angedeutetem Schlagzeug und einer angezerrten E-Gitarre, die abwechselnd zum Gesang Einwürfe liefert. Das fast demo-artig ‚nackte‘ Arrangement offenbart die oft verwendeten Harmonien, was in dem Kontext Spannung einbüßt und den Song etwas beliebig erscheinen lässt.
… und schwelgt in 1960er-Jahre-CCR-Rock
Das flotte „Strong Enough“ erinnert mit dem treibenden Schlagzeug im 1960er-Jahre-Sound stilistisch an den Beatles-Klassiker „The Ballad of John and Yoko“ oder Songs von Creedence Clearwater Revival. Der Refrain ist eingängig, die Nummer lädt zum Mitwippen ein – ein Höhepunkt, der als Song vermutlich von einer individuelleren, weniger retro-getriebenen Produktion noch profitiert hätte. Die Ballade „Summer Clouds“ bietet ein sanftes Zupf-Pattern und warme Synthesizer, die den sanften Gesang von Ray LaMontagne untermalen.
„We’ll Make it hrough“, ebenfalls ruhig gehalten, mit softem Schlagzeug und klagender Mundharmonika, bietet gefühlte Ruhe. „Rocky Mountain Healin‘“ setzt ebenso auf Mundharmonika und klingt noch melancholischer. Musikalisch gleichsam gelungen: Die beschwörende Folkballade „Morning Comes Wearing Diamonds“ nimmt den Hörer schnell für sich ein. Hier wirkt LaMontagnes Gesang frei von Affekten – ein weiterer Anspieltipp. „Misty Morning Rain“, flink mit Akustikrhythmen und dumpfer Percussion, wirkt vergleichsweise expressiv, mit größerer Gesangsdynamik und der rauchig-‚hechelnden‚ Gesangsstilistik. „Highway to the Sun“, wiederum melancholisch, schließt das Album grundtönig und versöhnlich.
Insgesamt erscheinen die Arrangements auf „Monovision“ gelungen, Ray LaMontagne ergänzt sich selbst passend, wenngleich die subtile Finesse seiner Wegbegleiter (etwa Drummer Jay Bellerose oder Produzent Ethan Johns) bei den reduzierten Arrangements gelegentlich fehlt. Gesanglich verzichtet Ray LaMontagne bei vielen Stücken auf Affekte wie arhythmische Atempausen oder allzu gepresst klingenden Ausdruck. Das erinnert positiv an sein 2004er Debüt-Album „Trouble“.
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Zwischen angenehmer Klangästhetik und belegter ‚Retro-Produktion‘
Passend zum Retro-Ansatz verzichtet Ray LaMontagne bei der Produktion auf Lautheit oder starke Kompression. Dadurch lässt sich das Album bequem am Stück durchhören, der Hörer kann ‚hineinfallen‘. Der Titel „Monovision“ bezieht sich nicht auf die Mischung, die Stereo gehalten ist, sondern eher auf den puristischen ‚Ein-Mann‘-Ansatz samt Retro-Aufnahme.
Die betonte Vintage-Ästhetik führt zu teilweise belegten Klängen beim Schlagzeug, einzelnen Akustikgitarren oder vereinzelt LaMontagnes Gesang. Das funktioniert für einzelne Stücke („Morning Comes Wearing Diamonds“ klingt dadurch wie zu einer Frühphase Bob Dylans aufgenommen) wie auch bei der Mischung der Elemente: In „Highway to the Sun“ erscheint das Schlagzeug dunkel und rau, die restlichen Instrumente mit angenehmer Klangfülle und unaufdringlicher, zeitloser Präsenz produziert. „Misty Morning Rain“ klingt mit dem dünnen, vergleichsweise nahezu aggressiven Klang gefühlt in einer früheren Epoche ‚festgesetzt‘: Dass es auch gänzlich anders funktioniert, zeigt etwa das weniger retro-betonte „I Was Born to Love You“.
BEWERTUNG RAY LAMONTAGNE – MONOVISION
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 8 |
Klang | 8 |