Peter Maffay – Jetzt!

Mit „Jetzt!“ veröffentlicht Peter Maffay sein 32. Album, passend zum 70. Geburtstag und zum 50-jährigen Bühnenjubiläum, wie die Plattenfirma verkündet. Der Titel lässt bereits Raum zur Interpretation, dass – nun ja – der Moment zählt, und das Altern für Maffay keinen Grund für leise Töne darstellt. Die Texte stammen von Johannes Oerding und Benjamin Dernhoff, die Musik hat er teilweise selbst geschrieben oder etwa sein Schlagzeuger Betram Engel.

„1000 Wege – Ouvertüre“ beginnt mit Akustikgitarre, dazu geschmackvoll verhallter Gesang. In dem Song besingt Maffay in Form der gewohnten Kombination einzeiliger Lebensweisheiten die Vielfalt eines durch Ausprobieren bereicherten Lebensweges. „Jetzt!“ erweist sich als flotter Rocker, mit angecrunchten Rhythmusgitarren und Wahwah-Gitarrenlinie, krachend mit ballerndem Schlagzeug produziert. Das Ergebnis wirkt etwas gewollt eingängig, die Botschaft im Text: „Nur der Moment ist wichtig“.

Jenes Thema – ein Fanal gegen Prokrastinieren – greift das vertrackte, gleichsam rockige „Morgen“ auf: Hier rappt Maffay die tiefgreifender ausformulierten Textlinien fast („Wann kommt die Zeit, wenn wir endlich kapieren, dass die Zeit uns durch die Hände rinnt?“), untermalt von ebenso angecrunchten Gitarren, einzelnen tiefen Klaviernoten und einem Kinderchor. Das wirkt musikalisch ’nachhaltig‘ interessant arrangiert – ein Höhepunkt. „Luft & Liebe“ geht flink in Richtung Pop-Punk, das Stück setzt wiederum vorwiegend auf Krawall als Motor, mit offenen Klischee-Metaphern. Das klingt flott, bleibt aber nicht wirklich im Gedächtnis.

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„100.000 Stunden“, eine Midtempo-Ballade, bietet im Refrain interessante Harmoniewechsel. Die Strophe hingegen wirkt mit raschelnder Akustikgitarre über statischem Drum-Rhythmus und gezogenen Gesangslinien seltsam austauschbar und klischeebeladen. „Alles von mir“, mit Folkrock-Anklängen samt Besen und Fretless Bass aufgenommen, erweist sich als berührend eingängig, der Text erstmals statt reinem ‚Abreißen‘ einzelner Zweizeiler nahe einer erzählten Geschichte – ein weiterer Höhepunkt.

„Das ist gut“ klingt nach einem behutsam treibenden Pop/Rock-Song, der musikalisch wie textlich bei Westernhagen angesiedelt sein könnte, dazu eine Gitarrenrhythmik, die entfernt an den Dandy-Warhols-Klassiker „Bohemian Like You“ erinnert. „Mut“ wird erwartungsgemäß auf „gut“ gereimt – und so bleibt der Song auch eher gefühlte ‚Massenware‘. Gleiches gilt für den Boogie-Woogie-Rocker „Nur einmal hier“, der ebenfalls an Westernhagen erinnert und darüber hinaus recht monoton bleibt.

„Für immer jung“ spielt grob auf U2-Ästhetik in Richtung „Beautiful Day“ an, mit vertracktem Rhythmus im Intro, geachtelter Basslinie, dazu Stakkato-Gitarren-Licks. „Mehr als sieben Brücken“ seien nötig „für’s gelobte Land“ – textlich eine schöne Anspielung an Maffays frühen Erfolg, das Karat-Cover „Über sieben Brücken mußt du geh’n“ sowie seinen Hit „Gelobtes Land“ vom Vorgängeralbum. Musikalisch bleibt „Für immer jung“ eingängig. Gleiches gilt für das rhythmisch beschwingte „Kopf hoch“, das in Richtung Soul-Pop geht, trotz nahezu abgedroschener Harmonien.

„So schließt sich der Kreis“ kombiniert als Songwriter-Ballade gezupfte Akustikgitarre mit E-Gitarren-Sitar-Effekten – ein angenehm erfrischendes Arrangement. Interessant wäre allerdings gewesen, direkt und minimalistisch zu bleiben, statt Maffay mit gehauchten Chorgesängen zu unterlegen. Eine weitere Version von „1000 Wege“ beschließt die 14 Songs des Albums, diesmal als getragene Ballade in voller Bandbesetzung.

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Der Klang erscheint, wie bei Maffay gewohnt, auf gewohnt professionellem Niveau: Keine Frequenzanteile stören, das Stereobild wird homogen ausgefüllt, kein überbordendes Limiting macht die Produktion zunichte. Umgekehrt betrachtet erscheint die Mischung fast ‚risikolos‘, ohne kräftige Bass-Impulse oder plastisch abgebildete Instrumente. Maffays Stimme steht erwartungsgemäß gelungen im Vordergrund – gerade der Hall verbindet sich größtenteils angenehm räumlich im Kontext.

Bei den rockigen Stücken fällt dafür der ‚Impulsmangel‘ auf: Das Schlagzeug – besonders die Snare – bleiben im Hintergrund gehalten, statt die Songs wirklich zu treiben. Stattdessen sollen komprimierte Raumsignale der Drums Energie suggerieren; das trägt nur bedingt. Die Gitarrenklänge erscheinen mitunter austauschbar, dadurch verbleiben die flotten Songs musikalisch nahe dem Klischee, was oft von allgemein gehaltenen Textfloskeln widergespiegelt wird. Dem gegenüber stehen gelungene Stücke wie „Morgen“, „Alles von mir“ oder „So schließt sich der Kreis“: Deren Texte und Arrangements sind vergleichsweise ausgefallen – ein Beleg dafür, dass Peter Maffay auch mit 70 noch keine Berührungsängste hat.

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TESTERGEBNIS Punkte
Musik 6
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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