Die australische Elektropop-Band Parcels wurde 2014 gegründet. Mit „Live Vol. 1“ liegt von dem mittlerweile in Berlin ansässigen Quintett aktuell ein brandneues, nun ja, ‚Live-Album‘ vor – wobei das Konzert sich hier auf eine Live-Performance ohne Publikum in den Berliner Hansa-Studios bezieht. Die Grundidee, so die Gruppe auf der Webseite, die Songs live im Studio auf eine 24-Spur-Bandmaschine aufzunehmen, habe schon vor dem Debüt-Album existiert.
Das mag die wirkliche ‚Bühnen-Stimmung‚ im kochenden Saal zwar nicht heraufbeschwören, bietet aber immer noch das gemeinschaftliche Band-Erlebnis und potenziell bessere Klangqualität als phasenüberlagerte, unkontrolliert übersprechende Signale und wummernde Bühnenklänge.
Akustischer Elektropop
Die Parcels haben schon immer akustische Sounds in den Vordergrund ihrer Musik gestellt, mit denen ein ‚statisches‘ Funk-Soul-Elektro-Pop-Gerüst umgesetzt wurde. Die Klangästhetik lässt sich etwa als ‚handgemachte‘ Variante von Daft Punk beschreiben (von denen die Parcels übrigens auch entdeckt und unter Vertrag genommen wurden) – ohne allzu viele Sound-Effekte. Bei der Hansa-Performance klingt das noch etwas lebendiger als auf den vorangegangenen Alben: Im Song „Myenemy“ beispielsweise stehen die Drums noch plastischer im Vordergrund, dazu runden Percussion, E-Piano, kurze Gesangsphrasen und Stakkato-Gitarrenlicks das Gesamtbild ab, die Band verschmilzt noch mehr zu einer Einheit – was sie ohnehin schon in beeindruckender Weise zelebriert.
Die Parcel liefern auch Disco-Funk mit Soul-Elementen
„Bemyself“, mit Kopfstimme gesungen, ist eine eingängige Soul-Pop-Nummer, getrieben von der Gesangsmelodie sowie einer unaufdringlich akzentuierten Stakkato-Basslinie. Das macht Spaß beim Hören und lädt zum Mitwippen ein – ein Höhepunkt. „Comedown“ klingt kräftiger, etwas rockiger als bei der eigentlichen Studioaufnahme. Der Song überzeugt ebenfalls durch Eingängigkeit und, wie auch viele andere der insgesamt 18 Songs auf dem Album, durch ein aufgeräumtes Arrangement: Alle Elemente sind sortiert, die kurzen Gitarrenlinien greifen ideal ineinander, darauf setzen kurze Synth-Licks auf. Das zieht die Aufmerksamkeit ungezwungen durch das gesamte Stück. Dabei beeindruckt auch, wie exakt die Band auf den Punkt spielt.
„Lightenup“ ist fast ‚klassischer‘ Disco-Funk. Hier wirken im Kontext zum restlichen Material die Harmonien erstmals vergleichsweise monoton – so, als hätte die Band die Nummer bereits durch die anderen Songs ‚mit erzählt‘. „Gamesofluck“ ist als leicht melancholischer Midtempo-Funk spannend und erinnert wiederum an Daft Punk. „Intrude“, ein kurzes Zwischenspiel, greift elektronische Sounds auf. Beim langen „Everyroad“ setzt sich die interessant atmosphärische Funk-Stimmung aus Drums, Klavier und eine Phaser-Gitarre zusammen. „Redline“ setzt akustisch gespielte Frankie-Goes-to-Hollywood-Klangwelten um. „IknowhowIfeel“ demonstriert einmal mehr die Fähigkeit ausgefuchster Arrangements mit 4-to-the-Floor-Drum-Beat, Percussion-Einwürfen, austarierter Bass-Linie und Vintage-Synth-Sounds, dazu Kopfstimmen-Gesang – ein weiteres Highlight.
Live Vol. 1 – ein ‚Live-Studioalbum‘ von hoher musikalischer Qualität

Im Laufe der 18 Stücke mag sich bei manchem aufgrund der in sich zwar sehr gelungenen, aber vereinzelt harmonisch und stilistisch ähnlichen Songs das Gefühl von Wiederholung einstellen. Am Ende bleibt kein Lied wirklich hängen. Umgekehrt stört die Mischung den Gesamtfluss des über einstündigen Albums nicht – das lässt sich wunderbar durchhören, auch als unaufdringliche, aber lebendige Party-Beschallung. Das sagt die Band auch selbst auf der Webseite: Ein Hörer habe möglicherweise nicht viel davon, das zugehörige YouTube-Video von Anfang bis Ende anzuschauen. Stattdessen solle derjenige es eher als privates Hauskonzert betrachten, um beispielsweise Essensvorbereitungen zu untermalen.
Das ‚Leben‘ kommt auf „Live Vol. 1“ noch mehr durch als auf den Studioalben der Parcels, gleichzeitig überzeugt die Band hier wieder einmal mit ihren musikalischen Qualitäten. Und: Klanglich ist das Album – auch trotz der Einschränkungen, mit Gesang im gleichen Raum zu performen – absolut gelungen: Die einzelnen Sounds erscheinen dreidimensional und ‚voll‘, greifbar. Der Longplayer weist ein deutliches Bass-Fundament auf, auf starke Kompression oder überbetonte Höhen wurde verzichtet. Lediglich das Stereobild wirkt gelegentlich ‚überbreit‘.
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PARCELS – LIVE VOL. 1
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 9 |