Ozzy Osbourne – Ordinary Man

Der inzwischen bereits 71-jährige Ozzy Osbourne, bei dem 2019 eine Form der Parkinson-Krankheit diagnostiziert wurde, hat mit „Ordinary Man“ ein neues Solo-Album veröffentlicht. Dieses erschien praktisch 50 Jahre nach dem Debütalbum von Black Sabbath. Osbournes letzte Solo-Platte „Scream“ kam unterdessen vor mittlerweile auch schon wieder 10 Jahren im Jahr 2010 heraus. Was vermag der exzentrische Ausnahmekünstler wohl im hohen Alter noch zu leisten?

Modern klingender 1990er-Jahre Hardcore

Auf dem neuen Studioalbum, von Gitarrist Andrew Watt und Produzent Louis Bell produziert, gehören immerhin schon einmal Rock-Größen wie Red-Hot-Chili-Peppers-Schlagzeuger Chad Smith und Guns-N’-Roses-Bassist Duff McKagan zur ‚Stammbesetzung‘. Der Opener „Straight to Hell“ beginnt mit harten, eingängigen Riffs und komplexen Rhythmen. Das erinnert an 1990er-Jahre Hardcore – grob in Richtung Rage Against The Machine, nur ohne allzu experimentelle Elemente. Dazu gesellen sich abgehakte Stopp-Strukturen à la Jack White.

Die Band spielt auf „Ordinary Man“ auf höchstem Niveau, liefert sauber ab. Und – Überraschung! – Ozzy Osbourne klingt hier beinahe alterslos, dynamischer als noch zu „Dreamer“-Zeiten, dem 2001er Single-Hit und Chart-Erfolg. Der Gesang des „Godfather of Metal“ ist dabei in leichten Chorus gehüllt, was ihm mehr Fülle verleiht und wohl auch Tonhöhenschwankungen verschleiern soll. Ansonsten fällt „Straight to Hell“ durch humorige tiefe Gesangseffekte bei Zweitstimmen auf – ein unerwartet kraftvoller Einstieg und direkt mal ein echter Anspieltipp.

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Ozzy Osbourne 2020 – Zwischen Sabbath und Modern Rock

„All My Life“ ist ein gradliniger, teils balladesker Rock-Song, in dem Ozzy Osbourne sein Leben reflektiert. Das komplexe Gitarrenriff konterkariert seinen monotonen Refrain-Gesang interessant – trotzdem nutzt sich das Stück verhältnismäßig schnell ab. „Goodbye“ ist wiederum komplexer gehalten, eine schleppende, kraftvolle, düstere Nummer. Die Single „Ordinary Man“ singt Ozzy Osbourne im Duett mit keinem Geringeren als Sir Elton John, der ebenfalls Klavier spielt. Bei dieser Ballade werden poptaugliche Klänge mit Streichern wie einst bei „Dreamer“ aufgeboten, allerdings erscheint „Ordinary Man“ als Song sogar noch vielschichtiger. Das Duett mit Elton John funktioniert überraschend gut, wenngleich die Duettpartner ähnlich unerwartet kombiniert sind wie seinerzeit Lou Reed und Metallica.

„Under the Graveyard“ erinnert in seinem hymnischen Refrain und der abgehakten Struktur an Black-Sabbath-Stilistik, mit gelungenen Halleffekten – ein weiterer Höhepunkt. Das flotte „Eat Me“ lässt neben Black Sabbath im weit aufgehenden Refrain etwa Aerosmith ins Gedächtnis rufen. „Scary Little Green Men“, eine Hardrock-Nummer mit leicht absurdem Humor, überzeugt durch einen gradlinigen Refrain.

Geschlossen wird das Album durch einen „fremden“ R&B-Elektro-Track – die Post-Malone-Nummer „Take What You Want“, bei der Ozzy Osbourne als Gast mitwirkte, übrigens ebenso wie US-Rapper Travis Scott. Das wirkt angesichts der programmierten Pop-Drums und der Autotune-Ästhetik gewöhnungsbedürftig, lässt Osbourne aber auf andere Weise zeitgemäß wirken. Post Malone wiederum singt bereits im vorhergehenden flotten Rock-Track „It’s a Raid“ als Gast – wo Ozzy Osbourne einen Drogen-Marathon besingt.

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“Fürst der Finsternis“ legt ein hinsichtlich Klang und Songwriting unerwartet überzeugendes Alterswerk vor 

Der komprimierte, polierte Sound von „Ordinary Man“ lässt die erwähnten 1990er-Jahre-Hardrock-Anleihen moderner erscheinen. Das Album erscheint dicht, ohne den Hörer dabei aber zu ‚überfahren‘ – Dynamik ist allerdings nur reduziert zu erwarten. Einzelne Elemente wirken irritierend breit im Panorama aufgezogen; etwa die cleanen Gitarren und Background-Gesänge in „Today Is the End“. Ansonsten erweist sich der neue Longplayer von Ozzy Osbourne als ‚stabile‘ Produktion ohne unangenehme Frequenzbetonungen. Lediglich ein klares, deutliches Bass-Fundament wird dem stark komprimierten Sound geopfert. Das Songwriting bleibt überwiegend positiv hängen – eine wirklich gelungene Produktion,  unabhängig vom fortgeschrittenen Alter des etwas in die Jahre gekommenen „Prince of Darkness“.

OZZY OSBOURNE – ORDINARY MAN

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 7
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

2 Kommentare

  1. Wie man diesem zu Tode komprimierten Soundbrei eine „7“ für den Klang attestieren kann wird wohl ewig ein Geheimnis des Rezensenten bleiben… Die „Klangqualität“ dieses Albums ist die reinste Katastrophe! Punkt.

    • Hallo JEB,

      danke für Deinen Kommentar zum neuen Ozzy-Album.

      Unser Rezensent Nicolay Ketterer hierzu:

      „Vielen Dank für die Rückmeldung! In dem Kontext und Genre erscheint mir die dichte Kompression als bewusst gewähltes Stilmittel, das solide ausgeführt wurde. Die einzelnen Elemente sind noch halbwegs gut getrennt wahrnehmbar. Der sehr ‚poppige‘, flache Schlagzeug-Sound ist naturgemäß Geschmackssache. Eine transparenter und hochwertiger klingende, stark komprimierte Produktion wäre beispielsweise das umstrittene Guns’N’Roses-Album ‚Chinese Democracy‘.

      Tatsächliche Lautheits-Artefakte über die ‚dichte‘ Ästhetik hinaus sind bei ‚Ordinary Man‘ nur bedingt wahrnehmbar: Lediglich minimales Zischen/Matschen – etwa bei Becken und Hi-Hat – macht sich bemerkbar. So kam die Bewertung zustande. Wären das Bassfundament ausgeprägter, die E-Gitarren weniger mittenlastig und das Stereobild einzelner Elemente kohärenter, dann wäre das Klangbild homogener.

      Viele Grüße, Nicolay Ketterer.„

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