Mit dem AKG K872 hat AKG ein geschlossenes Pendant zu seinem offenen Studio-Flaggschiff K812 geschaffen. Die dynamische Edelkanne hat das Zeug zur eierlegenden Wollmilchsau.
Das neue Meisterstück aus AKGs Pro-Sparte will alle Qualitäten des berüchtigten AKG K812 in die geschlossene Bauweise übersetzen. Der edle Kopfhörer in Over-Ear-Bauweise eignet sich somit vor allem für Monitoringaufgaben, der Hersteller sieht aber auch eine Eignung für Mixing- und Mastering – und auch an der heimischen Hifi-Anlage soll er eine gute Figur machen.
Qualität hat bekanntlich ihren Preis, und der des AKG K872 liegt bei 1.499 Euro UVP. Kein Schnäppchen für einen geschlossenen Over Ear Kopfhörer, doch die letzten Jahre haben gezeigt, dass auch auf diesem Sektor der Trend zu Deluxe-Kopfhörern geht. Soviel sei aber schon mal vorweg genommen – klanglich ist der AKG K872 tatsächlich jeden Cent wert.
Aufbau

Öffnet man den wuchtigen Karton des AKG K872, findet man darin eine opulente, stabile Transportbox. Für „mal eben in den Rucksack“ ist das nichts, doch dank des Tragegriffes auf der Oberseite kann man den Kopfhörer so gut transportieren. Ein Vorteil gegenüber des AKG K812, der statt der Box ein Holzstativ mitbrachte, was zwar für die stationäre Nutzung von Vorteil ist, doch wer lässt seinen Lieblingskopfhörer immer am gleichen Ort?
Im Inneren der Transportbox liegt, bombenfest in eine Passform gebettet, der AKG K872 samt Kabel, auch der 6,3 mm Adapter und das Werkzeug zum Entfernen der auswechselbaren Ohrpolster haben ihren festen Platz.
Äußerlich sieht der AKG K872 seinem offenen Bruder zum Verwechseln ähnlich, von der geschlossenen Gehäuserückwand natürlich abgesehen. Die edel anmutende Konstruktion aus glänzendem und schwarz eloxiertem Aluminium und elastischem Federstahl für den Kopfbügel wirkt robust, für den Tragekomfort auch bei langen Sitzungen sorgt das mit atmungsaktivem Meshgewebe versehene Kopfband und der leicht zu bedienende Quicklock-Verstellmechanismus – hier passt sich das Kopfband des AKG K872 nicht automatisch dem Kopf an, sondern kann fixiert werden. Die üppigen, mit Echtleder überzogenen Ohrpolster sind asymmetrisch geformt und stülpen sich geradezu um das Ohr. Selbst große Ohren sollten darin problemlos Platz finden. Diese Polsterform ist dazu konzipiert, ein Maximum an Abschirmung gegenüber Außengeräuschen zu erreichen. Das Innenleben der Kopfhörermuscheln des AKG K872 wird durch eine feinmaschige Schicht Meshgewebe vor Staub und Schmutz geschützt.

Die Kopfhörermuscheln sind über eine Konstruktion aus zwei Ringen mit dem Kopfbügel verbunden. Dies sorgt dafür, dass sich der AKG K872 perfekt an die Kopfform anpasst, denn die Muscheln sind in alle Richtungen leicht schwenkbar.
Das einseitig geführte, abnehmbare Kabel des AKG K872 wird mit der linken Kopfhörermuschel verbunden. Dazu kommt eine hochwertige Lemo-Steckverbindung zum Einsatz, auf der anderen Seite mündet das Kabel in einen vergoldeten, geraden 3,5 mm Miniklinkenstecker mit Schraubgewinde für den mitgelieferten Adapter. Wem das Kabel des AKG K872 zu lang ist, für den bietet der Vertrieb Audio Pro auch eine 1,4 Meter-Variante zum Preis von 139 Euro an.
Inneres
Im Inneren des AKG K872 sitzt ein dynamischer Breitband-Treiber mit üppigen 53 Millimeter Membrandurchmesser. Angetrieben wird er von einem kräftigen Neodym-Magneten, der, wie schon das im Inneren des K812 verbaute Exemplar, eine für Kopfhörer überdurchschnittlich hohe magnetische Flussdichte von 1,5 Tesla liefert. Auch die Schwingspule im Inneren des AKG K872 folgt dem Konzept des Vorbilds und ist aus leichtem, gut leitendem kupferbeschichtetem Aluminium gefertigt. Der AKG K872 hat eine vergleichsweise niedrige Eingangsimpedanz von 36 Ohm, so dass er auch am Smartphone oder Laptop zum Einsatz kommen kann.
Inneres

Durch die weichen Polster mit viel Freiraum für das Ohr, das bequeme Kopfband und die flexible Aufhängung sitzt der AKG K872 sehr angenehm auf dem Kopf – das nicht gerade geringe Gewicht von 390 Gramm wird gut verteilt, so dass man den Kopfhörer gut über lange Zeit tragen kann. Der Anpressdruck ist bei guter Abschirmung der Außengeräusche nicht zu fest, hier zeigt sich die Stärke der Ohrpolsterkonzeption des AKG K872. Von wildem Headbanging sollte man entsprechend absehen, damit der AKG K872 nicht verrutscht – Hier steht ganz klar der Komfort im Vordergrund. Bei langer Nutzung kam es bei manchen Testhörern zu Wärmeentwicklung unter dem Kopfhörer – ein der Bauweise geschuldetes Phänomen, das zugegebenermaßen bei langen Aufnahmesessions störend werden kann – dem ist durch gelegentliches Lüften vorzubeugen. Das glatte Kabel des AKG K872 zeigte sich im Handling sehr angenehm. Es saß stets sicher in der Kopfhörermuschel und glitt leicht über die Kleidung. Kabelgeräusche traten nur in der Nähe der Steckverbindung auf.
Klang

Im Hörtest trat der AKG K872 gegen den Audeze LCD-X an. Beim Tausch zwischen AKG K872 und Audeze wird erst einmal das Ausmaß der Abschirmung von Außengeräuschen bewusst – die zuvor völlig stille Umgebung wirkt beim Wechsel auf das offene Modell plötzlich geradezu aufdringlich laut. Auch nach außen dringt absolut nichts – auch Sänger können also problemlos den AKG K872 zum Monitoring nutzen, ohne dass das Playback auf dem Mikrofon landet.
Die Auflösung des AKG K872 ist exzellent und steht dem LCD-X in nichts nach. Auch blitzschnelle Impulse gibt er nahezu so souverän wieder wie der Magnetostat, der hier wohlgemerkt zu absoluten Hochleistungen fähig ist.
Im Bassbereich ist der AKG K872 ein bisschen kräftiger abgestimmt als der LCD-X, die Bässe reichen supertief herab und haben ordentlich Punch bei voller Souveränität. Ganz so akkurat wie der LCD-X ist er indes nicht, aber hier geht es tatsächlich eher um Nuancen. Der Mittenbereich ist ohne Fehl und Tadel, Stimmen haben eine gute Präsenz und stehen sauber im Raum. Auch feinste Höhensignale werden absolut entspannt und angenehm wiedergegeben – die unterschiedlichen Akustikgitarren und die Anschlaggeräusche auf der Live-Version des Eagles Klassikers „Hotel California“ etwa sind klar zu hören und voneinander unterscheidbar, stechen aber nie unangenehm hervor.
Die Darstellung der Räumlichkeit des AKG K872 ist überdurchschnittlich gut ausgeprägt – man hat hier schon fast eher das Gefühl, über Lautsprecher oder zumindest einen offenen Kopfhörer zu hören, so frei und offen ist das Hörgefühl und so deutlich baut sich die Bühne vor dem inneren Auge auf. Im direkten Vergleich zum Audeze LCD-X fehlt dem Klang des AKG K872 natürlich das tatsächlich Luftige, das nur ein offener Kopfhörer liefern kann, denn die Physik kann man nicht betrügen. Dennoch haben wir eine solch gute räumliche Darstellung bei geschlossenen Kopfhörern selten gehört.
Fazit
Der AKG K872 ist ein herausragend klingender geschlossener Kopfhörer mit natürlich-musikalischem Klangbild, hervorragender Räumlichkeitsdarstellung und superfeiner Auflösung. Während seine Hauptaufgabengebiete im Monitoring sowie dem Musikgenuss liegen, ist er durchaus auch zum Mixen und Mastern tauglich und ist damit ein echtes Universalgenie.
STECKBRIEF AKG K872
Gewicht 390 g
Preis 1.399 €
BAUWEISE/AUSSTATTUNG
Wandlerprinzip 50 mm dynamischer Breitbandtreiber
Bauweise geschlossen, Over-Ear
Anschlusskabel 3 m einseitig geführt, glatt
Stecker 1x 3,5 mm Mini-Klinke, vergoldet
Adapter 6,3 mm Klinkenadapter
Impedanz 36 Ohm
Aufbewahrung Tragetasche
Zubehör Anleitung
BEWERTUNG AKG K872
KLANG | Punkte |
Neutralität (2x) | 85 |
Feinzeichnung (2x) | 88 |
Impulsverhalten | 86 |
Räumlichkeit | 82 |
Dynamikverhalten | 86 |
Basstiefe | 84 |
TESTERGEBNIS | |
Klangqualität (60%) | 86 |
Tragekomfort (20%) | 86 |
Verarbeitung (10%) | 82 |
Ausstattung (10%) | 87 |
Testurteil | 85,4 |
Preis-Leistung | sehr gut – überragend |