„Pick Me up off the Floor“ ist bereits das siebte Album von Norah Jones. Dabei setzt die Sängerin auf eine Mischung aus Jazz, Blues, Americana und Soul, mit diversen Experimenten. Als Gäste sind etwa Wilco-Frontmann und -Gitarrist Jeff Tweedy, Jazz-Bassist John Patitucci oder Jazz-Schlagzeuger Brian Blade zu hören.
Experimente zwischen Jazz, Blues und Rock
„How I Weep“ stellt dann gleich zu Beginn ein künstlerisches, halb-minimalistisches Experiment dar: kurz angebunden klingende, bedämpfte E-Piano-Akkorde, darüber leicht abgehakter Gesang von Norah Jones, sowie Streicher-Melodien und Pizzicato-Tupfer. Nach kurzer Unruhe der Überraschung stellt sich ein Fluss ein und der Song weist eine eigene Eingängigkeit aus, gut verbunden mit dem metaphorisch gehaltenen, abstrakten Text über Verlust („But I’ve nowhere to go except into the sun / And I weep for the loss and the loss weeps for me“). Hier setzt die Songwriterin ein eigenes Gedicht als Song um – ein Konzept, das sie gemeinsam mit der befreundeten Dichterin Emily Fisko erarbeitetet und umgesetzt hat, und das sich durch einige Songs des Albums zieht.
„Flame Twin“ klingt dann schon gewohnter nach Indie-Blues-Rock, mit zornigen Gitarren-Einwürfen von Jeff Tweedy, ‚suchendem‘ Schlagzeug von Brian Blade, dazu wohldosiert aufglühende Hammond-Orgel. Norah Jones singt zurückhaltend, leicht verraucht bis laut und rau. Der energetische Refrain bleibt hängen, das erscheint als eine Art Blues-Version von Portishead – ein Anspieltipp.
Balladen mit Soul- und Jazz-Touch

„Hurts to Be Alone“ ist als minimalistische Soul-Nummer arrangiert, mit leisem, kurzem Schlagzeug, harmonisch offenen Piano-Akkorden und Kontrabass-Einlagen. In „Heartbroken, Day After“ singt Norah Jones in einer bestechend langsamen Nummer über das titelgebende Thema von Verlust und Schmerz, dazu kommt die Hoffnung auf Besserung. Steel Guitar und süßliche Background-Vocal-Harmonien lassen den Song besonders herausstechen – ein weiterer Höhepunkt. Ähnlich verhält sich das eingängige „This Life“, mit ebenfalls sirenenhaftem Background-Gesang. „Say No More“ ist ebenfalls ruhig gehalten, jazzig, mit melancholischen Bläsersätzen. „To Live“ bietet eine hoffnungsvolle wie gesetzte, grundtönige Blues- und Soul-Nummer dar. Die Klavierballade „Heaven Above“ schließt die elf Songs ruhig und träumerisch ab.
Halb-Retro-Klang mit gemischtem Ergebnis
Das neue Songmaterial von Norah Jones ist fast durchweg gelungen, im Klangbild zeichnet sich allerdings eher Durchschnitt ab: Mit Ausnahme des Openers „How I Weep“ sind die Gesangsaufnahmen allesamt belegt – was wohl eine künstlerische Entscheidung war. Bei besagtem „How I Weep“ wiederum klingen die Instrumente inklusive der Streicher, als wären sie in einer kleinen Kammer aufgenommen worden, mit unangenehmen Reflexionen. Das passt zwar zur ansatzweise abstrakt-klaustrophobischen Grundspannung des Songs, geht jedoch in den restlichen Stücken nicht wirklich auf. Die Drums von Brian Blade klingen ebenfalls seltsam belegt, die Einzelsignale eher dünn und blutarm. Auch vom Kontrabass kommen keine klaren Impulse. Hier war beispielsweise das 2006er Debüt-Album von Norah Jones‘ Nebenprojekt „The Little Willies“ deutlich stimmiger gestaltet. Und dennoch: Zwar setzt „Pick Me up off the Floor“ keine klanglichen Maßstäbe, das Ergebnis lässt sich trotzdem gut durchhören.
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NORAH JONES – PICK ME UP OFF THE FLOOR
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 8 |
Klang | 7 |