Noise Cancelling bei Kopfhörern – Arten und Funktionsweise

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Mit Active Noise Cancelling auch unterwegs voll in die Musik eintauchen (Foto mit freundlicher Genehmigung von 1MORE)

Egal ob Pendler auf dem Weg zur Arbeit, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, Geschäftsreisende oder Urlauber am Flughafen – sobald Umgebungsgeräusche im Spiel sind, sind selbst teure konventionelle Kopfhörer nahezu unbrauchbar. Verschiedene Arten der Reduzierung von Umgebungsgeräuschen versprechen ungestörten mobilen Musikgenuss – trotz Baustelle im Hintergrund. Doch welche Arten gibt es und wie funktioniert das mit dem Noise Cancelling eigentlich genau? Wir bringen Licht ins Dunkel.

Noise Cancelling wird im mobilen Alltag immer beliebter

Für Kopfhörer gibt es verschiedene Anforderungsprofile. Während Studiotechniker auf eine neutrale Wiedergabe setzen, ist für Sportbegeisterte ein fester Sitz essentiell. Eine der im heutigen mobilen Alltag immer wichtiger werdenden Anforderungen, die Anwender an ihre Kopfhörer stellen, ist jedoch die Unterdrückung von Umgebungsgeräuschen. Neben verschiedenen baubedingten Möglichkeiten Geräusche von außen zu dämpfen gibt es auch technische Lösungen wie Active Noise Cancelling (ANC). Wir haben uns die verschiedenen Optionen genauer angesehen und gewähren Ihnen einen Einblick in die Welt der störungsfreien Musikübertragung.

Passive Geräuschunterdrückung

Kopfhörerarten
Schon ein gut sitzender „herkömmlicher“ Over-Ear kann Umgebungslärm in Maßen ausblenden.

Eine passive Geräuschunterdrückung erreichen Hersteller durch verschiedene Bauarten von Kopfhörern. Ein geschlossener Over-Ear-Kopfhörer mit dicken Ohrpolstern und einem festen Sitz wie der Neumann NDH 20 sorgt zum Beispiel dafür, dass Umgebungsgeräusche reduziert werden. Das Ohr wird fest von den Ohrpolstern umschlossen, und diese funktionieren wie eine Dämmung. Ein Nachteil dieser Variante ist jedoch, dass der feste Sitz dazu führen kann, dass die Hörer bei längerer Nutzung zulasten des Tragekomfort einen unangenehmen Druck auf den Kopf ausüben. Außerdem lässt sich diese Art der Geräuschunterdrückung nicht einfach abschalten, wie es bei der aktiven Variante der Fall ist. 

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Der technics EAH-AZ70W, ein TWS-In-Ear mit Active Noise Cancelling

Das trifft auch auf eine weitere Bauform zu, die aufgrund ihrer kompakten Größe an sich weniger für Active Noise Cancellation geeignet ist: In-Ear-Systeme. Diese Hörer sitzen fest im Gehörgang und sorgen so für eine Reduzierung der Umgebungsgeräusche. Die meisten In-Ear-Kopfhörer werden darüber hinaus mit verschiedenen Aufsätzen ausgeliefert, um einen möglichst festen Sitz in nahezu jedem Gehörgang zu gewährleisten. Inzwischen gibt es allerdings auch bereits immer mehr True-Wireless-Kopfhörer mit Active Noise Cancelling auf dem Markt, so zum Beispiel das Modell Technics EAH-AZ70W.

Aktive Geräuschunterdrückung

Seit einigen Jahren ist auf den Verpackungen gängiger Kopfhörer-Modelle vermehrt der Zusatz „ANC“ zu lesen. Die sogenannte Active Noise Cancellation respektive Active Noise Cancelling reduziert Umgebungsgeräusche mit Gegenschall, auch Antischall genannt. Doch wie genau funktioniert diese Technik?

Was es mit ANC (Active Noise Cancelling) auf sich hat

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Dank Noise Cancelling ist es heute selbst in überfüllten Zügen möglich ganz bei sich und seiner Lieblingsmusik zu sein.

Kopfhörer, die mit der ANC-Technologie ausgestattet sind, verfügen über ein Mikrofon oder mehrere Mikros, die meist an der Außenseite des Hörers angebracht sind. Diese messen die Umgebungsgeräusche und geben sie an den ANC-Chip weiter, der anhand eines Algorithmus die Wellenform analysiert. Nun wird der sogenannte Antischall erzeugt; ein gegenphasiges Signal, das dem Störschall entgegen strahlt. Der Umgebungslärm und der Antischall heben sich nun gegenseitig auf.

Theoretisch lassen sich Umgebungsgeräusche auf diese Weise vollständig neutralisieren. In der Praxis führt diese Methode jedoch nur zu einer Reduktion, die je nach Modell besser oder schlechter ausfällt. Das liegt unter anderem daran, dass jeder Mensch eine andere innere und äußere Ohrform besitzt, sodass nur eine genaue Anpassung zu einer kompletten Neutralisation führen kann.

Das Phänomen Antischall

Neumann NDH 20
Der Neumann NDH 20 – ein Beispiel für einen konventionellen Over-Ear ohne Noise Cancelling, der Umgebungslärm trotzdem ziemlich gut außen vor lässt.

Doch was ist eigentlich Antischall? Hierbei handelt es sich um eine entgegengesetzte Schallwelle, welche die ursprüngliche Schallwelle (Störgeräusche) – durch eine Änderung der Phase um 180 Grad – komplett auslöschen kann. Nehmen wir zum besseren Verständnis ein Beispiel zur Hand: Sie sitzen im Zug und dieser erzeugt laute Fahrgeräusche, die trotz aufgesetztem Kopfhörer deutlich wahrnehmbar bleiben. Die an diesem angebrachten Mikrofone nehmen nun jene Geräusche von außen war, und der verbaute Chip errechnet ein gegenpoliges Signal zu den Außengeräuschen und fügt dieses hinzu. Auf diese Weise werden Störungen in der Theorie ausgelöscht – und in der Praxis reduziert.

Diese Technologie funktioniert im Übrigen am besten bei tiefen Frequenzen mit langen Wellenlängen. Hier weist der Schall über die Fläche des Kopfhörers die gleiche Phase auf, sodass er durch ein gegenphasiges Signal vollständig gedämpft werden kann. Bei hohen Frequenzen funktioniert dieses Verfahren jedoch nicht so gut, da unterschiedliche Phasenlagen auf der Oberfläche auftreten und diese auch noch abhängig von der Einfallsrichtung sind. Das ist jedoch halb so wild, da ein festsitzender Kopfhörer hohe Frequenzen schon aufgrund seiner Bauweise recht gut zu eliminieren imstande ist.

Noise Cancelling: Theoretisch einfach, praktisch eine Herausforderung

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Der Bluetooth-Kopfhörer Sony WH-1000XM3 verfügt unter anderem über eine adaptive Geräuschsteuerung sowie einen „Quick Attention“-Modus

Was theoretisch einfach klingt, ist in der Praxis mit einem hohen Aufwand verbunden, da sich Umgebungsgeräusche stetig ändern. So müssen die verbauten Mikrofone die Tonhöhe und Amplitude der Außengeräusche stetig in sehr geringen Abständen messen, das heißt hunderte oder sogar tausende Male pro Sekunde, eine geeignete Antischallwelle erzeugen und das gegenphasige Signal immer wieder anpassen. Ein Over-Ear- oder On-Ear-Kopfhörer ist für diese Technik, die auch einen gewissen Platz erfordert, somit Pflicht.

Vor- und Nachteile von ANC

Ein Vorteil dieser Technologie ist, dass sie auch funktioniert, wenn gerade keine Musik oder sonstige Audiospuren über den Kopfhörer abgespielt werden. Zudem arbeitet diese Technik bei vielen Modellen schon sehr gut, und die erzielten Ergebnisse reichen für die meisten Anwender aus. Ein Nachteil hieran ist dagegen die notwendige Stromversorgung, die meist über einen Akku realisiert wird und den Kopfhörer somit schwerer macht.

Spezielle Features von Noise Cancelling

JBL REFLECT FLOW Aufmacher
Der True-Wireless-Sportkopfhörer JBL REFLECT FLOW zum Beispiel verfügt über eine clevere „TalkThru“-Funktion.

Einige Hersteller gehen sogar noch einen Schritt weiter: Mithin lässt sich die Geräuschreduzierung mancher Kopfhörer so einstellen, dass etwa Durchsagen – also das Frequenzband der Stimme – vom Noise Cancelling unberührt bleiben (Stichwort: „TalkThru“-Modus), während beispielsweise Presslufthammer herausgefiltert werden. Auch Luftdrucksensoren, die zum Beispiel erkennen, dass der User in einem Flugzeug sitzt und den Kopfhörer dahingehend optimieren, wurden schon verbaut, etwa im ohrumschließenden Drahtlos-Kopfhörer Sony WH-1000XM3.

Fazit

Das Gebiet der aktiven Geräuschunterdrückung wächst unentwegt, ist aber noch immer nicht vollkommen ausgereift. Neue Ideen und Konzepte kommen regelmäßig hinzu, neue Modelle stetig in den Handel – mal mehr, mal weniger gut umgesetzt. Ob Sie nun auf aktives oder passives Noise Cancelling setzen, bleibt ganz Ihnen überlassen. Sie sollten den Kopfhörer der Wahl vor dem Kauf jedoch ausgiebig testen, um sich künftig im mobilen Alltag auch hinsichtlich der Reduzierung von Außengeräuschen jederzeit auf ihn verlassen zu können.

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