Das englische Art-Pop-Duo No-Man hat mit „Love You to Bits“ sein siebtes Studioalbum veröffentlicht. Sänger Tim Bowness und Multi-Instrumentalist Steven Wilson, der zuletzt vor allem durch Solo-Projekte wie sein fünftes und aktuellstes Solo-Album „To the Bone“ auf sich aufmerksam machte, betreiben ihr Projekt bereits seit 1987. Das letzte ‚reguläre‘ Album erschien im Jahr 2008.
Bits and Pieces
Stilistisch wandeln die beiden Musiker zwischen Pop, Ambient, Trance, Jazz und Progressive Rock. Die Platte funktioniert als Konzeptalbum, auf dem Grundmotive in den Songs immer wieder aufgegriffen und anders arrangiert werden, als endloses ‚Stück im Fluss‘ sozusagen. Im Sinne von zwei Plattenseiten sind die zehn Stücke in zwei Hälften aufgeteilt: „Love You to Bits“ als „Bit 1“ bis „Bit 5“, dann „Love You to Pieces“ als „Piece 1“ bis „Piece 5“.
Der Beginn, „Bit 1“, bietet einen melodischen elektronischen Pop-Song mit minimalischem Drum-Computer, der sich aus einem leicht düsteren Ambient-Bett schält. Das Ergebnis erinnert an Soft Cell und Anne Clark, dazu Bowness‘ fast gehauchter, leicht stilisierter Gesang. Nach der Hälfte setzen harte Disco-Drums ein und sorgen für einen recht deutlichen Stilbruch.
Leise und laute Stilwechsel
Das kurze „Bit 2“ bleibt als ruhiger Ambient-Schnipsel gehalten, mit beklemmend wirkendem Gesang. Ebenfalls kurz, erweist sich „Bit 3“ als Gitarrenriff-getriebene Disconummer, darüber die sphärische Synthesizer-Melodie, die bereits die anderen Stücke begleitete. „Bit 4“ bietet breite Synthesizer-Pads à la Underworlds „Born Slippy“, dazu Gitarren-Single-Note-Patterns, ein eingängiges Bass-Motiv und Disco Drums – ein interessanter Mix, ergänzt durch eine ‚klagende‘ Gitarren-Melodie. „Bit 5“ ist sehr nah an „Bit 1“, mit anderen Mischungsverhältnissen, dazu stellenweise Telefon-Gesang – ein Highlight, das die meditative Eingängigkeit des Grundmotivs schön herausstellt, bevor der Song in ruhigen, jazzigen Trompeten-Sounds endet.
Love You to Bits – Teil 2

„Piece 1“ beginnt trister, mit minimalistischem Synthesizer-Background und direktem Gesang, später setzen verhallte Trip-Hop-Drums im Hintergrund ein, bevor der Song mit einem ‚klassischen‘ Elektro-Beat fortgeführt wird. „Piece 2“ lässt Industrial-Elektro-Klänge aufkommen, samt Vocoder-Gesangseinlagen und Disco-Drums, dazu ein harmonisch komplexes, jazziges Wurlitzer-Solo. Insgesamt klingen No-Man hier teilweise wie eine Progressive-Rock/Jazz-Variante von Frankie Goes to Hollywood.
„Piece 3“ bleibt bei härterem Elektro-Pop, während „Piece 4“ ganz im Ambient verbleibt, mit einer gleißenden Delay-Synthesizer-Landschaft und stark verhalltem Gesang. Im ‚Finale‘ der zehn Songs des neuen Albums von No-Man setzen sehr langsame Piano-Akkorde und ein Laid-Back-Schlagzeug ein, was grob an Pink Floyd erinnert – in der getragenen, versöhnlichen Atmosphäre ein weiterer Höhepunkt.
No-Man liefern in sich stimmiges und solide produziertes Konzeptalbum
Das Konzept, ein ‚Gesamtwerk‘ um eine Grundidee kreisen zu lassen, existierte bereits zu Johann Sebastian Bachs Zeiten, beispielsweise mit den „Goldberg-Variationen“. Statt ihr Motiv an sich zu variieren, schaffen No-Man die Herausforderung, das minimalistische Thema über das gesamte Album ‚meditativ‘ spannend zu halten, sodass sich der Hörer darin verlieren kann. Daher eignet sich das Album auch gut, um am Stück gehört zu werden. Manche Stilbrüche innerhalb der Stücke erscheinen fast demohaft rau, dennoch bleibt die Gesamtatmosphäre stimmig.
Klanglich ist „Love You to Bits“ ein im besten Sinne solide produziertes Album, mit gelegentlich leicht scharfen Nuancen im Höhenbereich und leicht irritierend trockenen Gesangs-Sounds, bei denen unangenehm frühe Reflexionen eines kleinen Aufnahmeraums deutlich werden. Und wer noch nicht genug hat: Als „B-Seite“ der ersten Single („Love You to Bits (Bit 1)“) wurde das 13-minütige „Love You to Shreds“ veröffentlicht, mit „Shred 1“ bis „Shred 3“.
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NO-MAN – LOVE YOU TO BITS
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 7 |