Moop Mama – Ich

Mit „Ich“ veröffentlicht die selbsternannte „Urban Brass“-Combo Moop Mama ihr viertes Studio-Album. 2009 in München gegründet und im Stil einer Marching Band besetzt – sieben Bläser samt Trompeten, Posaunen und Saxofonen und einem Sousafon, dazu zwei Schlagzeuger, die sich Bass-und Snare Drum und aufteilen – liefert die Band die musikalische Grundlage für Rapper Keno, um Pop- und Hip-Hop-Songs umzusetzen.

Musikalisch wollen sie nicht als „Kuriositätenfaktor“ missverstanden werden, erklärt Posaunist Jan Rößler im Gespräch, sondern setzen immer mehr auf Sound-Experimente, um als Popband wahrgenommen zu werden, die aus Bläsern besteht. Im Gegensatz zur lebendigen Live-Präsenz als Kollektiv rückt auf dem Album der Gesang und Rap von Keno Langbein, gelegentlich mit Gästen verstärkt, deutlicher in den Vordergrund. Musikalisch arbeitet die Band teilweise mit Filter-Effekten auf den Bläsern oder einem Bass-Synthesizer auf dem Sousafon, mit dem das Album beginnt. Insgesamt wirkt die musikalische Gestaltung im Gegensatz zu den Vorgängeralben abstrakter, die Arrangements erinnern teils an Dub-Stücke, die Musik entwickelt sich mit dem Album weiter weg vom „natürlichen“ Bläser-Sound einer Marching Band hin zu melodischen Bausteinen mit Effekten.

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Bei einer Band, die stets das Zusammenwirken als Einheit betont, klingt der Albumtitel „Ich“ nach Kontrastprogramm. Tatsächlich steckt – wie oft bei Moop Mama – dahinter intelligente Gesellschaftskritik: „Hier bin ich“ kritisiert wortgewandt die Beliebigkeit von Selfies, die Situationen und Umstände zum Hintergrundgeschehen verkommen lässt. „Molotow“, die erste Single und eines der Highlights, ist laut Bandgründer Marcus Kesselbein inspiriert von den G20-Protesten in Hamburg, vom Foto einer Frau, die in glänzenden Leggins auf einem Polizei-Panzerwagen steht und von Polizisten mit Pfefferspray besprüht wird. Langbein stellt die Frage, was wohl passiert, wenn die ideologischen Gegensätze innerhalb einer Beziehung aufeinandertreffen würden („Ich hol dich raus, wenn die Stadt brennt / Und du zündest mir das Auto an“) – Polizisten sind schließlich auch nur Menschen. Die Reggae-ähnliche Rhythmik samt mehrstimmiger Stakkato-Licks der Bläser und eingängiger Refrain-Melodie steckt an.
„Kill die Zeit“ und „Feuer mich“ bieten ebenfalls melodischen Lounge-Hip-Hop, letzterer übt Kritik an beruflicher Selbstausbeutung zwischen scheinbarer Leidenschaft und Burn-Out.
Einzelne Texte wirken etwas oberflächlich (etwa „Zukunft“, Wenn ich Du wär“), umso mehr treffen die gelungenen Songs ins Schwarze: „Shitstorm“ kritisiert scheinbare Offenheit und schnell entstehende Vorurteile, mit intelligentem Arrangement – das zeigt, wie gut Hip-Hop für Erzählungen funktionieren kann, abseits jeglicher Bling-Bling-Selbstdarstellung. Lediglich der Auto-Tune-Effekt im Refrain von „Geister“ wirkt wie gängige Charts-Ästhetik der letzten zwei Jahrzehnte.
Die Kombination der Bläser-Truppe und das aufgeteilte Drumming verleiht den textlichen Botschaften zusätzlich musikalisches Gewicht.
Klanglich ist die Platte ausgewogener abgemischt als der Vorgänger „M.O.O.P.Topia“ – mit räumlich gut ortbaren Bläsern, wahrnehmbarer Kompression, aber für die vorhandene Lautheit noch ausgewogen: Für eine Hip-Hop-Platte (leider) eine Seltenheit.

BEWERTUNG MOOP MAMA – ICH

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 8
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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