Matt Berninger, Sänger der US-Indie-Band The National, hat mit „Serpentine Prison“ nach anderen Nebenprojekten sein erstes Soloalbum veröffentlicht. Dabei setzt der 49-jährige Singer-Songwriter vorwiegend auf tragende, eher ruhige Klänge.
Tragender Country-Folk
Der Opener „My Eyes Are T-Shirts“ mischt abstrakte Metaphern mit einer Liebesgeschichte, untermalt von angedeuteter Percussion, Klavier und Country-Gitarren-Licks, dazu Berningers betont lässig, leicht nuschelig vorgetragener und angeraut produzierter Sprechgesang. Die insgesamt ausgeruhte Atmosphäre lädt zum Hinhören ein. „Distant Axis“ vermittelt Weite: Eine treibende, gleichzeitig bedämpfte Akustikgitarre unterlegt Pedal-Steel-Akkorde, dazu verhallte Klavier- und Percussion-Klänge – insgesamt erscheinen die Harmoniefolgen allerdings oft gehört. Die Midtempo-Nummer „One More Second“ klingt angenehm einladend, mit Rim-Click-Drums, gezupftem Akustik-Pattern und Hammond-Orgel – ein Anspieltipp.
Akustik-Balladen mit Indie-Flair
„Loved So Little“ setzt wiederum auf World-Percussion, Blues Harp, Akustikgitarre und E-Piano – im Text thematisiert Berninger die Herausforderung mit wenig Liebe klarzukommen, ebenfalls ein Hinhörer. Die Ballade „Silver Springs“ singt er im Duett mit der früheren David-Bowie-Bassistin Gail-Ann Dorsey – eine ruhige Klanglandschaft aus Vintage-Tremolo-E-Gitarre, Piano und dumpfer Percussion. „Oh Dearie“ erinnert dann mit seinem gezupften Akustikmuster an typische Folk-Nummern, dazu tiefe, raue Cello-Grundtöne und Klavier-Einwürfe. Der nahe dem Flüstern gehauchte Gesang Berningers will allerdings nicht zünden, stattdessen wirkt das Stück austauschbar. „Take Me Out of Town“ schwankt mit seinem Walzertakt zwischen Schunkelnummer und Folkballade – das Flair mit einsetzenden Blechbläsern ruft das Projekt Beirut in Erinnerung.
Der Titelsong schließt die Sammlung aus zehn Stücken mit einer ruhigen Ballade samt Besenbegleitung, die – in ähnlichem Maße wie „Distant Axis“ – auf gewohnte Akkordfolgen setzt. Das Muster wird im Refrain angenehm durchbrochen und durch interessante Bläsereinwürfe ergänzt, umgekehrt erscheinen die Textzeilen seltsam konstruiert. Insgesamt liegen die Stärken des Albums in den Songs mit positiver Stimmung wie „One More Second“ sowie in den Stücken mit Zwischentönen („Loved So little“). Hier singt Berninger freier, die Atmosphäre wirkt auf den Zuhörer ein – verglichen mit Balladen, in denen gefühlt eine Emotion aufgezwungen werden soll („Oh Dearie“).
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Größtenteils hochwertige Produktion
Der Klang erscheint dicht und atmosphärisch – die Trommelimpulse sind klar wahrnehmbar, Bassanteile reichen tief herunter. Auch Halleffekte kommen songdienlich zur Geltung. Lediglich der „knarzig“ produzierte Gesang („My Eyes Are T-Shirts“) fällt mit unharmonischen Zerranteilen leicht aus dem Gesamtbild heraus. Klare Lokalisation der Instrumente tritt teilweise zugunsten einer leicht verwaschenen Gesamtstimmung zurück – so verzichtet das Stereobild des Klaviers auf eine wahrnehmbare Phantommitte. Insgesamt entsteht vereinzelt leichte Härte im Hochmittenspektrum („Loved So little“) – dennoch lässt sich das Ergebnis gut durchhören.
MATT BERNINGER – SERPENTINE PRISON
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 7 |