Depeche-Mode-Songwriter Martin Gore hat mit „The Third Chimpanzee“ eine instrumentale EP veröffentlicht. Über die Jahrzehnte hat der in Kalifornien lebende 57-jährige Brite immer wieder Produktionen herausgebracht – dabei blieben die eigenen Veröffentlichungen weitgehend experimentellere Outlets, wie das 2015er Album „MG“ oder die beiden Cover-Platten „Counterfeit“ (1989) und „Counterfeit 2“ (2003).
Minimal-Klangstrukturen zwischen Industrial und Ambient
Passend zum Tiel der EP spielt jedes Stück auf eine Primatenart an. „Howler“ beginnt mit angezerrten, leicht angsteinflößenden Synth-Geräuschen, rhythmisch getaktet durch kurze bräsige Synth-Einwürfe, dazu einzelne verhaltene Percussion-Geräusche. Das Stück baut sich langsam auf und lässt dabei Fragmente eines melodischen Grundgerüsts erkennen. Das Ergebnis lässt in seiner Industrial-Ambient-Atmosphäre einen Sog aufkommen. „Mandrill“ ist mit einem „klassischeren“ Rhythmus unterlegt, macht allerdings ebenfalls dystopisch-retrofuturistische Klangstrukturen auf. Das zeigt , dass Gore durchaus als Soundtrack-Komponist passende Bilder kreieren könnte. Ähnlich abstrakten Synth-Minimalismus betrieb Gore bereits auf dem erwähnten „MG“-Album, hier sind die Klänge rauer gehalten.
Zwischen Industrial und Ambient
„Capuchin“ klingt mit verhallter Computer-Snare und Minimal-Melodie, zwischen monophonem Synthesizer und digital anmutendem Modem-Krachen in Richtung einer sparsamen, dunklen Kraftwerk-Sound-Landschaft. „Vervet“ bleibt dezenter, mit nahezu House-Anleihen; rhythmisierte Synth-Kaskaden lauern im Arrangement, durch behutsame Filter gezogen, bald fügt sich darüber eine dezent klagende Lead-Melodie, schließlich ein prägnantes Thema – mit gut acht Minuten ist es das längste Stück der rund 23-minütigen EP und gleichzeitig eines, das einem „normalen“ Pop-Aufbau mit Rhythmik und Melodien am nächsten kommt. Das Stück stellt den Höhepunkt dar. Hier mischt sich die Klangkultur von Jan Hammer mit Kraftwerk. „Howler’s End“ schließt – ganz ohne Rhythmus-Untermalung – mit gleißenden Synth-Tönen, die in ihrer Klangfarbe grob an die Depeche-Mode-Single „Precious“ erinnern. Wer trotz der Instrumentalstücke „klassische“ Songs erwartet, gar in der Eingängigkeit früher Depeche-Mode-Phasen, dürfte vermutlich enttäuscht werden – als Ambient-Klanglandschaft ziehen hingegen gerade die Zwischentöne in einen eigenen Bann.
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Direkte Synth-Sounds mit gelungenen Effekten
„The Third Chimpanzee“ ist direkt produziert – gerade die breiten, mitunter unangenehm angsteinflößenden Klänge wirken unmittelbar auf den Hörer; den gezielt eingesetzten Halleffekten bietet die Produktion Raum mit gut ortbarer Perspektive im Panorama. Lediglich einzelne Sounds erscheinen im Stereobild merkwürdig verrutscht – zum Beispiel Hintergrund-Atmosphären in „Vervet“. Höhenreiche Klänge zischeln gelegentlich leicht, was allerdings zur vermutlich „wachrüttelnden“ Atmosphäre der Stücke passt – ein wirklich unangenehm betontes Höhenspektrum wie bei vielen anderen aktuellen Produktionen findet sich selten. Lediglich Bassdrum- und Bassklänge (beispielweise bei „Capuchin“) erscheinen entfernt und könnten von dreidimensionaler, direkterer Produktion profitieren.
MARTIN GORE – THE THIRD CHIMPANZEE EP
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 8 |