Der ehemalige Oasis-Frontsänger Liam Gallagher veröffentlicht mit „Why me? Why not.“ sein zweites Soloalbum, nach seinem vorhergehenden Projekt Beady Eye. Stilistisch bedient er damir eine Mischung aus Indie-Rock und Pop.
Der erste Song „Shockwave“, mit stampfendem Rhythmus und hell zerrenden Gitarren auf Single-Aufmerksamkeit getrimmt, erscheint gleichförmig, überrascht allerdings mit interessanten Harmoniewechseln im Refrain sowie ungewohnten kleinen Details wie einer Mundharmonika. „One of Us“ bedient mit vertrackterem Rhythmus und Streicher-Einlagen vergleichsweise nachdenklichere Töne – ein Highlight. Die Ästhetik erinnert beispielsweise an den ehemaligen The-Verve-Frontmann Richard Ashcroft. Das getragene wie gradlinige „Once“, ebenfalls mit Streichern untermalt, greift ebenfalls Ashcroft-Stilistik auf, der im Gesang nölig-launig vorgetragene Refrain ermüdet jedoch schnell.
„Now That I’ve Found You“ erscheint als Gute-Laune-Popnummer, zwischen Brit-Pop und Beatles angesiedelt – allerdings kompositorisch vergleichsweise eine „Light-Version“ früherer Oasis-Songs. Bei „Halo“ pflügt sich ein Snare-Viertelrhythmus unermüdlich durch das Arrangement, teilweise begleitet von einem stark komprimierten Honky-Tonk-Piano („Lady Madonna“ lässt grüßen). Die monotone Strophe strengt an, der Refrain lässt allerdings hinhören. Ein verzerrtes Gitarren-Solo mit Leslie-Effekt wirkt im Arrangement besonders gelungen. „Be Still“ setzt auf den gleichen flotten Rhythmus, allerdings erscheint die eingängige Komposition in sich abwechslungsreicher und atmosphärisch noch spannender, mit gelungen schrägem Gitarrensolo. Der Titelsong erweist sich als weiteres Highlight, mit harmonisch gelungenen Wechseln und spannendem Streicher-Arrangement. Das lädt zum Mitwippen ein – und erinnert qualitativ an Songs von Bruder Noel Gallagher.
In „Meadow“ ist Liam Gallaghers Gesang durch einen Leslie-Effekt gezogen, untermalt von verhaltenem Schlagzeug, Akustikgitarre, und herrlich schräger Hammond-Orgel. Die Harmoniefolgen des Songs erscheinen allerdings fast seltsam willkürlich abgearbeitet. „Gone“ schließt die elf Stücke mit einem vertrackten Rhythmus, in Streicher- und Orgeleffekte sowie verfremdete Gitarren-Sounds eingebettet. Eine Sprechgesang-Strophe kommt unerwartet und wirkt unmotiviert eingefügt.
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Klanglich beginnt die Platte laut komprimiert mit gleichbleibender Dynamik, die Hochmitten erscheinen latent unangenehm. Auch das zurückhaltendere „One of Us“ weist stark eingedampfte Dynamik und eher „anstrengende“ Hochmitten auf. „Now That I’ve Found You“ wiederum klingt vergleichsweise ausgewogen, um durch „Halo“ mit noch präsenteren Hochmitten und Höhen als zuvor abgelöst zu werden, kombiniert mit vordergründigem, scharf klingendem Gesang. Der Wechsel setzt sich fort – der Titelsong „Why Me? Why Not.“ erscheint nahezu gut hörbar.
Viele Songs werden mit musikalisch routiniert abgespulter Performance dargeboten. Stilistische Anspielungen und Zitate im Arrangement erscheinen gewollt. Eine gelungene Ausnahme stellt neben dem Titelsong auch das erwähnte „One of Us“ dar, bei dem der Stilmix mit Streichern, Gesangsperformance und leicht vertracktem Rhythmus gut funktioniert. Auch das eingägige „Be Still“ bietet ungewohnten Tiefgang. Das abschließende „Gone“ veranschaulicht die Ambivalenz des Albums gut, das zwischen interessanten Ansätzen, einzelnen gelungenen Songs und seltsamer Belanglosigkeit pendelt.
LIAM GALLAGHER – WHY ME? WHY NOT.
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 6 |
Klang | 6 |