Kurt Vile – Bottle it in

Das Cover von „Bottle It In“, dem neuesten Album von Kurt Vile, ist im Retro-Charme der 1970er Jahre gehalten, mit einem leicht abgerundet gerahmten Portrait des Indie-Musikers. Musikalisch entgeht Kurt Vile der reinen Retro-Ästhetik durch die moderne Experimentierfreudigkeit ohne Berührungsängste.

Vile war ursprünglich Gründungsmitglied der Alternative-Band The War On Drugs, stieg 2008 zugunsten eigener Musik aus und konnte sich seitdem in der Folk-beeinflussten Indielandschaft etablieren. An ironischem Selbstbewusstsein mangelte es ihm von Anfang an nicht: Das erste Album versprach einen vermeintlichen „Constant Hitmaker“, das zweite verkündete sich als Sprachrohr eines Schöpfers („God Is Saying This To You“). Die aktuelle Nummer sieben wirkt dagegen im Titel fast pragmatisch.

Das erste Stück „Loading Zone“ beginnt mit einem vokalen Wah-Sound, bevor Midtempo-Folk, Akustikgitarren, Organ-Sounds, Twang-Gitarren-Licks, rhythmisierter Sprechgesang und Shout-Effekte lakonisch den Verlauf des Alltagslebens einer Kleinstadt kommentieren.
Das bleibt angenehm unaufgeregt und bei allem Sarkasmus noch empathisch.
Beim ruhigeren „Hysteria“ hingegen klingt der Gesang fast überzogen monoton und schief in Richtung Iggy Pop, gewinnt allerdings dank seinem melodisch aufgehenden Instrumental-Refrain. „Yeah Bones“ bietet trockene, kurze Drums in flinkem Rhythmus, darüber samt kurzen Akkord-Licks wieder eine scheinbar gleichmütige Sprechgesang-Erzählung. Auf „Bassackwards“ verwebt Vile Midtempo-Schlagzeug und Rückwärtsgitarren-Schleifen, dazu eine Fingerpicking-Akustikgitarrenfigur. Der im Telegrammstil gehaltene, lapidar wirkende Gesang läuft rhythmisch angenehm mit. „One Trick Ponies“ ist eines der melodischen, eingängigen Highlights mit aufwendigen Background-Gesängen. Zusammen mit dem unnahbaren Lead-Gesang erinnert Vile hier stilistisch an die Dandy Warhols. „Rollin With The Flow“ mutet musikalisch an Jonathan Wilsons sonnig-flächige Folkpop-Balladen an, allerdings mit nasalem, fast schelmischem Gesang.
„Check Baby“ kombiniert pulsierende Synthesizer, gradliniges Schlagzeug und cleane wie interessant verwobene Blues-Gitarre mit Nonsens-Text – ebenfalls eine interessantes Kombination.

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Die Experimente gehen nicht immer auf, manches – wie der monotone Titeltrack mit nöligem Gesang, der zwar an Lou Reed erinnern soll, aber nicht dessen fesselndes erzählerisches Talent bietet, fordert mitunter Geduld und Sitzfleisch vom Hörer ein. „Come Again“ erscheint zunächst als eher belangloses Folk-Stück zwischen Banjo und Computer-Beat – bis zum Mittelteil, wo eine verwobene E-Gitarre plötzlich die Stimmung hebt. Die Ballade „Cold Was The Wind“ erscheint durch die Kombination aus Plattenknistern, Bongos und Ry-Cooder-artigen, weiten Gitarren interessant.

Musikalisch entgeht Kurt Vile der reinen Retro-Ästhetik durch die moderne Experimentierfreudigkeit ohne Berührungsängste. Künstlerisch dürfte das Ergebnis für jene interessant sein, denen Nick Caves Kunstfigur zu anstrengend und überzogen klingt, und die musikalische Experimente, textlichen Sarkasmus mit Hang zu Nihilismus zu schätzen wissen, der betont beiläufig dargeboten wird.

Klanglich erscheint „Bottle It In“ durchweg ausgereift, mit ausgeprägter Fülle und sauberem Impulsverhalten. Auf überzogene Höhen oder Lautheitsattacken verzichtet Vile gänzlich.
Vereinzelt werden Klangexperimente bewusst eingesetzt, etwa im Stereobild beklemmend verschobener Gesang bei „Munities“ oder auch zischende Synthesizer im Outro, die unangenehm direkt wirken. Insgesamt lässt sich das Album angenehm und entspannt durchhören – bereits das hat Seltenheitswert.

BEWERTUNG KURT VILE – BOTTLE IT IN

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 7
Klang 8
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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