Im sonnigen Kalifornien produziert ENIGMAcoustics Hochton-Lautsprecher mit einem neuartigen, elektrostatischen Wandlungsprinzip. Diese Technologie kommt nun auch in einem High End-Kopfhörer zum Einsatz.
Elektrostatische Treiber haben Vor- und Nachteile. Ihre klanglichen Qualitäten, besonders bei der Höhenwiedergabe, werden weithin geschätzt, allerdings ist zum Betrieb der komplexen Treiber eine externe Spannungsversorgung vonnöten, was sie unflexibler, verbrauchsintensiver und, vor allem, teurer macht. ENIGMAcoustics hat bereits im Jahr 2013 für seine Hochton-Lautsprechersysteme einen Weg gefunden, dieses Problem zu umgehen – mit einer patentierten, selbstversorgenden Technik namens SBESL (self-biased electrostatic Loudspeaker). Ein interessantes Prinzip, werden doch so elektrostatische Treiber ebenso „pflegeleicht“ wie ihre dynamischen Kollegen. Mit dem Dharma D1000 hat ENIGMAcoustics nun einen 2-Wege Hybrid-Over-Ear-Kopfhörer mit dynamischem Breitbandtreiber und einem Superhochton-Treiber mit SBESL-Technologie geschaffen. So gestaltet lässt sich der Dharma D1000 trotz elektrostatischem Superhochtöner mit einem ganz gewöhnlichen Kopfhörerverstärker betreiben. Preislich ist der Kopfhörer mit einer UVP von 1.595 Euro denkbar hoch angesiedelt. Das Hybrid-Treiberkonzept verheißt allerdings durchaus klangliche Genüsse, die ein solches Sümmchen rechtfertigen könnten.
Material
Das Design des Dharma D1000 besticht durch seine elegante Mischung aus Schlichtheit und Retrochic. Unter dem lederummantelten Kopfbügel sitzt ein elastisches Kopfband, das einen flexiblen Sitz ermöglicht. An zwei Aluminiumstreben ist die Aufhängung für die Ohrmuscheln befestigt, die sich sowohl horizontal als auch vertikal leicht schwenken lassen. Die Ohrpolster bestehen aus sehr weichem, gefüttertem Kunstleder. Eine stabile, vibrationsarme Aluminiumlegierung wurde für das Gehäuse verwendet. Dieses ist auf der Rückseite perforiert, was der offenen Bauweise geschuldet ist. Zusätzlich wurde mittig ein breitmaschigeres Metallgitter eingesetzt.

Neuartiges Wandlerprinzip
Der dynamische Breitbandtreiber des Dharma D1000 misst 52 mm und besitzt eine Membran aus besonders festem, handgeschöpftem, japanischem Washi-Papier. Er liegt mittig im Gehäuse, während der elektrostatische Superhochtöner seitlich davor sitzt. ENIGMAcoustics nutzt bei seinen elektrostatischen Treibern anstatt der üblichen leitungsfähig beschichteten Membran, eine unbeschichtete Filmmembran, an die permanent Spannung angelegt wird.
Die dafür benötigte Polaristationsspannung wird direkt aus dem Audiosignal bezogen.
Laut Hersteller übernimmt der dynamische Breitbandtreiber alle Frequenzen bis auf 20 kHz und damit den Großteil des Frequenzspektrums. Der Superhochtöner kommt ergänzend bei 12 bis 40 kHz zum Einsatz. Der Übergang der Treiber wird von einem phasenlinearen Hochpassfilter geregelt. In der Hörmuschel werden beide Treiber von einem Mesh-Gewebe, das passgenau aufliegt und die Konturen des Innenlebens erahnen lässt, abgedeckt.
Mit einem Eingangswiderstand von 26 Ohm ist der D1000 theoretisch sogar für den Betrieb mit Smartphones, Digital Audio Playern oder anderen mobilen Abspielgeräten geeignet. Seine offene Bauweise spricht jedoch gegen eine Verwendung im Freien – bei einem Regenschauer könnte leicht Feuchtigkeit ins Innere der Treiber eindringen.
Zubehör
Der D1000 ist in einer imposanten schwarzen Transportbox mit passgenauem Schaumstofffutter und einer Pappschatulle für das Kabel untergebracht. Letzteres ist abnehmbar, drei Meter lang, beidseitig geführt und bis zur Kanalgabelung textilummantelt. Über einen gerasteten Steckmechanismus werden die beiden Kabelenden über einen 2-Pol-Anschluss mit den Hörmuscheln verbunden, wobei sowohl am Kopfhörer als auch am Kabel Markierungen für den rechten und linken Kanal angebracht sind. Am Kabel sind die kleinen, Schwarz auf Schwarz geprägten Kennzeichnungen allerdings nicht sehr leicht zu erkennen, vor allem nicht bei schlechtem Licht. Eine deutlicher sichtbare Lösung wäre mehr als wünschenswert. Das Kabelende mündet in einen vergoldeten 6,3 mm Stereoklinkenstecker.
Handling

Mit einem Gewicht von 450 Gramm ohne Kabel ist der D1000 in der goldenen Mitte zwischen angenehmen Tragegewicht und robuster Bauweise. Der Sitz fällt beim Test sehr unterschiedlich aus – während er bei einem Tester sehr angenehm und auch bei relativ viel Kopfbewegung fest sitzt, rutschen beim anderen Tester die Hörmuscheln etwas zu tief. Ob das elastische Kopfband sich richtig justiert, kommt wohl etwas auf die Kopfgröße des Hörers an – als bequem empfinden ihn indes alle Tester. Auch bei langer Tragezeit bildet sich dank der offenen Bauweise kein Hitzestau. Das Kabel kann hingegen nicht ganz überzeugen. Durch seine Textilummantelung ist es etwas starr und fällt so bei längeren, nicht völlig stillsitzend verbrachten Hörsessions gelegentlich störend auf.
Klang
Im Klangtest hat es uns der Dharma D1000 nicht leicht gemacht. Wir hörten ihn wie üblich im Vergleich mit unserer Kopfhörerreferenz, dem Magnetostaten Audeze LCD-X, am Violectric Kopfhörerverstärker HPAV281 und befütterten ihn mit Musikstücken verschiedener Genres und Eigenaufnahmen. In Hinblick auf die Auflösung kann der D1000 es locker mit dem superfein auflösenden LCD-X aufnehmen. Auch Impulse werden sehr schnell und akkurat wiedergegeben. Die Darstellung der Räumlichkeit ist in der Breite sehr weit aufgefächert, in der Tiefe etwas weniger differenziert als beim LCD-X, aber immer noch auf absolut hohem Niveau. Insgesamt machte das Klangbild des D1000 jedoch einen weniger linearen und konsistenten Eindruck. Die Höhen kamen sehr präsent, wurden mitunter fast überrepräsentiert, wobei ihre Qualität sehr vom Hörmaterial abhängig war. Während sie oftmals geradezu brillant und seidig klangen, stachen sie bei anderen Stücken, besonders aufgrund der extrem akribischen Transienten-Wiedergabe, fast schon etwas scharf heraus. Gerade bei Stücken mit viel Shaker- oder Beckeneinsatz kann das auf Dauer ein wenig anstrengend werden, gerade für junge und junggebliebene Ohren.
Die Mitten erscheinen hingegen ausgewogen und bleiben vergleichsweise unauffällig. Die Basswiedergabe des D1000 ist eigentlich sehr schön: extrem tiefreichend, straff und dabei nicht aufdringlich, sondern angenehm schlank. Hier scheint es aber irgendwo im Übergangsbereich zwischen Bass und Tiefmitten einen Abfall zu geben, denn je nach Programm-Material klingt dieser Bereich sehr dünn und drucklos. Alles in allem hatten wir aber viel Freude mit dem D1000, denn bei den Stücken, in denen er strahlen kann, klingt er tatsächlich fantastisch und in seiner Akribie und Räumlichkeit völlig eigenständig.
Um zu testen, wie mobiltauglich der D1000 tatsächlich ist, schlossen wir ihn interessehalber auch an den FiiO X7 Digital Audio Player an. In Interaktion mit diesem konnten sich die Höhenwiedergabe und die räumliche Darstellung des D1000 nicht ganz so gut entfalten wie mit einem HPAV281. Wir würden also trotz niedriger Eingangsimpedanz zur Nutzung mit einem echten Vollblut-Kopfhörerverstärker raten, um das volle Potenzial des D1000 auszuschöpfen.

Elektrostatische Treiber
Elektrostatische Treiber arbeiten im Prinzip wie ein umgekehrtes Kondensatormikrofon. Als Membran wird hier oft hauchdünnes PET verwendet, das, leitfähig beschichtet, mit einer hohen positiven Spannung aufgeladen wird. Perforierte Metalplatten, zwischen die die Membran gespannt ist, werden mit negativer Spannung aufgeladen, sodass erst ein Ungleichgewicht im elektrischen Feld entsteht, wenn ein Audiosignal an die Platten angelegt wird. Dadurch gerät die ganze Membran in Schwingung. Durch die extrem dünne Membran, die frei und schnell schwingen kann, sind Elektrostaten in der Lage, hohe Frequenzen weit über 20 kHz wiederzugeben. Allerdings wird im Normalfall eine externe Spannungsquelle oder ein speziell auf Elektrostaten zugeschnittener Kopfhörerverstärker benötigt, um sie zu betreiben. Der wohl bekannteste Hersteller von elektrostatischen Kopfhörern ist Stax, der ausschließlich mit diesem Treiberprinzip arbeitet. Mit der SBESL-Technologie von ENIGMAcoustics lassen sich elektrostatische Hochtonlautsprecher auch ohne eine zusätzliche Stromzufuhr realisieren. Die Treiber arbeiten dabei mit einer nicht leitfähigen Folien-Membran. Die Polarisationsspannung wird direkt über das Audio-Signal bezogen.
Fazit
Der Dharma D1000 ist durch seinen dynamisch-elektrostatischen Hybridaufbau ein technisch wie klanglich hochinteressanter Kopfhörer, der allerdings Geschmackssache ist. Mit seiner superscharfen Auflösung und der blitzschnellen Impulswiedergabe kann er es locker mit unserem Referenzkopfhörer aufnehmen. Durch die leichte Klangfärbung mit den sehr präsenten Höhen und den teilweise etwas unterrepräsentierten Bässen und Tiefmitten machen ihn für den professionellen Bereich jedoch nur bedingt geeignet. Für genussvolles Hören ist er hingegen absolut zu empfehlen, wenn man sich auf seine Eigenheiten einstellt.
STECKBRIEF ENIGMACOUSTICS D1000
Gewicht 450 g
Preis 1.595 €
BAUWEISE/AUSSTATTUNG
Wandlerprinzip 52 mm dynamischer Breitbandtreiber, elektrostatischer Superhochtöner
Bauweise offen, Over-Ear
Anschlusskabel 3 m beidseitig geführtes Kabel, teilweise textilummantelt, abnehmbar
Stecker vergoldete 6,3 mm Stereoklinke, gerade
Adapter Nein
Impedanz 26 Ohm
BEWERTUNG ENIGMACOUSTICS D1000
KLANG | Punkte |
Neutralität (2x) | 75 |
Feinzeichnung (2x) | 90 |
Impulsverhalten | 85 |
Räumlichkeit | 80 |
Dynamikverhalten | 80 |
Basstiefe | 80 |
TESTERGEBNIS | |
Klangqualität (60%) | 82 |
Tragekomfort (20%) | 75 |
Verarbeitung (10%) | 80 |
Ausstattung (10%) | 77 |
Testurteil | 79,8 |
Preis-Leistung | gut |