Der in Los Angeles beheimatete Songwriter, Sänger und Multi-Instrumentalist Jonathan Wilson hat sich in den letzten Jahren im Psychedelic-Folkrock-Bereich etabliert, mit „Rare Birds“ erschien nun sein neuestes Werk.
Die musikalische Ausbildung des 43-Jährigen, der neben Gitarre und Gesang auch Schlagzeug, Bass, Piano, Synthesizer oder Cello spielt, fand in einem Tonstudio in seiner Heimat North Carolina statt, wo er alleine Backing-Tracks für Karaoke einspielte. „Dadurch habe ich mich in die Tiefen der Songs, ihre Produktionen und Klänge eingearbeitet, während ich gleichzeitig experimentieren konnte und mich selbst herausgefordert habe konnte, die ganzen Songs und Spielweisen hinzubekommen“, meint er. 2007 kam eine erste Label-Veröffentlichung, „Frankie Ray“, mit ruhigem County-Songwriter-Folkrock, „Gentle Spirit“ war eine Mischung aus Folk und Psychedelic-Rock. Zwei Jahre später folgte das opulentere „Fanfare“.
Auf „Rare Birds“ haben unter anderem Lana Del Ray oder Pedal-Steel-Legende Greg Leisz bei mehreren Songs mitgewirkt, aufgenommen hat Wilson das Album in weitgehend analogen „Fivestarstudios“ in Los Angeles. Musikalisch erscheint das Album ähnlich durchmischt wie die abstrakte Optik des Covers. Verglichen mit der stilistischen Geschlossenheit von „Frankie Ray“ wirkt das Album mit seinen knapp 79 Minuten fast wie eine Compilation, die Folkpop-Ansätze durch unerwartete Experimente dreht.
Das erste Stück „Trafalgar Square“ beginnt psychedelisch zwischen 1970er-Jahre-Pink Floyd-Gitarren-Phaser-Sounds und den späten Beatles angesiedelt, entwickelt dann spanndende Wendungen der Arrangements: knarzende Fuzz-Riffs, bedämpfte, kurze 1970er-Jahre-Drum-Sounds, Roy Buchanan-ähnliche Leadgitarren, Clap-Geräusche, Synth-Stereo-Fahrten, experimentelle, fast indisch anmutende Akustikgitarren-Passagen. Das gleichmäßige „Over The Midnight“ klingt wiederum völlig anders – nach 1980er-Jahre Don Henley-Sounds, mit programmierten Drums und Percussion, dazu von Wilson selbst eingespielten Becken, und dezenten Gitarrenlinien in Richtung David Gilmour.
Der flinke Gute-Laune-Folkpop-Ohrwurm „There’s A Light“ würde sich gut in den „Hair“-Soundtrack einreihen.Unter dem geschäftigem Schlagzeug, opulenter Zuckerguss-Ornamentik und der Wiederholung des Refrains wirkt das Stück allerdings nahezu ertränkt. „Sunset Blvd“ stellt einen der Höhepunkte des Albums dar, eine ruhige, nachdenklich wirkende Hippie-Klavier-Nummer mit experimentellen Vocoder-Einsätzen.
Klanglich zeigt sich bei dem Album Wilsons jahrzehntelanger Recording- und Produzenten-Erfahrung. Die Stücke sind größtenteils sehr zurückhaltend eingespielt, wodurch die Instrumente im Mix sehr vordergründig und beinahe „plastisch“ greifbar gemischt werden konnten. Im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen mit 1970er-Jahre-Anleihen zeigt Wilson, das „Retro-Technik“ nicht zwangsläufig zu mulmigem, undefinierte Indie-Sounds führen muss; das Ergebnis klingt kräftig und voll, gleichzeitig verzichtet er auf jegliche Ansätze unangenehmer Höhenwiedergabe – eine seltene Mischung.
BEWERTUNG JONATHAN WILSON – RARE BIRDS
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 8 |
Klang | 8 |