James Blake – Assume Form

James Blake beweist mit seinem neuen Album leider einmal mehr, dass der Zauber eines starken Debüts selten zu toppen ist. Das melancholisch feinsinnige Wunderkind der ausgeklügelten Elektroballaden veröffentlicht auf seinem neuen Album „Assume Form“ zwölf Songs, die nur in kurzen Momenten an frühere Genie-Streiche wie „Limit to Your Love“ anknüpfen können.

Songs wie dieser, die subtiler, eigener und einzigartiger nicht hätten sein können, gehören nun endgültig Blakes musikalischer Vergangenheit an. Der Mut zu Stille, Pausen und totaler Reduktion aufs Wesentliche ist der weit verbreiteten Angst gewichen, nicht mehr zu genügen, und die dazu führt, einen Track nach Schema F zu konzipieren und ihn mit dem immer gleichen R´n´B-Schnickschnack der 10er-Jahre aufzupeppen. So findet sich dann auch der aus der Black Music mittlerweile nicht mehr wegzudenkende, sogenannte „T-Pain-Effekt“ auf diesem Album in nahezu jedem Song wieder. Robotisch klingende Glitches mit 100 Prozent Korrekturgeschwindigkeit dank Softwares wie Melodyne, prägen so mal eben ein ganzes Album und stellen im Handumdrehen liebgewonnene Hörgewohnheiten bei Mainstream-Liebhabern sicher. Die auf dieser Platte in reicher Fülle vertretenen Feature-Acts wie André 3000, Travis Scott oder Moses Sumney untermauern zusätzlich den Eindruck, man habe es hier mit einer nahezu reinen R´n´B-Trapstep-Scheibe zu tun, und täuschen dabei Abwechslung vor, wo leider keine ist.

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Songs wie “Mile High“ und „Tell Them” erinnern so auch mehr an einen frühen – und eher austauschbaren – Snoop Dogg als an James Blakes ehemalige, genuine Sternstunden. Die einzigen beiden Tracks dieses Albums, die noch annähernd einen Hauch seines damaligen Spirits vermuten lassen, sind „Into the Red“ und „Lullaby for My Insomniac“. Hier findet sich zumindest wieder ein erkennbarer Fokus auf Blakes charakteristisch melancholische, leicht klagende Kopfstimme in Kombination mit dem puristischen Piano, das an seine Anfänge erinnert. Dass ihm Anknüpfungen an diese guten, alten Zeiten auf „Assume Form“ nicht durchgängig gelungen sind, zeigt sich auf Tracks wie „Are You in Love?“. Hier wagt er sich auf eher optimistisch heiteres Terrain und versucht Melancholie, Schwere und Ernsthaftigkeit hinter sich zu lassen. Leider passt das wenig bis gar nicht zu seinem Gesangsstil und auch die beliebig eingestreuten Dubstep-typischen Soundspielereien, vermögen diese Stücke wenig aufzupeppen. Kleines Highlight der Platte ist „Barefoot in the Park“, das aber eher der bezaubernden ROSALÍA geschuldet ist, die mit ihrem unschuldigen und gleichzeitig erotischen Latino-Gesang Charme transportiert, wo Blake sich längst nicht mehr neu erfinden kann.

Der Sound erscheint – und das muss der Fairness halber auch erwähnt werden – jedoch fast durchweg ausgewogen, mit gelungenem Bassfundament. Lediglich einzelne Stücke sind mit leichten Schärfen im Höhenbereich abgemischt. Gelegentlich ist das Mastering allerdings zu dynamisch und ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Klanglich erscheint „Assume Form“ bis auf einzelne kleinere Experimente im Stereobild im besten Sinne unauffällig, ohne wahrnehmbare Artefakte durch Lautheitskompression.

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Der Erfolg gab James Blake zwar bisher immer recht: Beyoncé, Drake, Frank Ocean, Kendrick Lamar, Travis Scott, Vince Staples – alle arbeiteten sie mit dem melancholischen Wunderkind aus London zusammen, in der Hoffnung ein wenig von seinem Genie einkaufen zu können. Mittlerweile findet Blake aber anscheinend nicht mehr den Weg in seine alte, musikalische Heimat zurück.

BEWERTUNG JAMES BLAKE – ASSUME FORM

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 5
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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