„This Wild Willing“ ist das fünfte Soloalbum des 48-Jährigen Iren Glen Hansard. Der Singer/Songwriter wurde ursprünglich durch den Film „Once“ bekannt, im dem er sich mehr oder weniger selbst spielte – einen Straßenmusiker auf der Suche nach dem nächsten Karriereschritt. Damals spielte Hansard gemeinsam mit der Pianistin Markéta Irglová, musikalisch machten sich beide durch emotional vorgetragene, nachdenkliche, melancholische Songs einen Namen.
Dieser Grundidee bleibt Hansard auch auf „This Wild Willing“ treu: Der Opener „I’ll Be You, Be Me“ beginnt mit stoischem Schlagzeug, minimalistischen Harmonien, Streicher-Einwürfen, dazu fast beschwörender Sprechgesang. Das erinnert entfernt an Beck oder Leonard Cohen, wobei Hansard dezent brodelnde Unruhe mit einflicht. Das Stück schwillt mit lauten Chören und verzerrten Elementen zu dichtem Lärm an. „Don’t Settle“ – ein eindringlicher Aufruf – beginnt als Klavierballade und baut sich ebenfalls auf, mit harmonischen Wendungen. Am Ende steht flehend-schreiender Gesang, unterlegt mit einem dichten Instrumententeppich samt Bläser-Einwürfen. „Fool’s Game“ erinnert wiederum an ruhige Cohen-Nummern, melodisch interessant und in harmonischen Vocoder-Background und Hall mit Wohlfühl-Faktor wolkig eingehüllt. Dazu gesellen sich sanft brummende, leise Saxofon-Melodien. Das Stück setzt ebenfalls auf dynamische Kontraste, die Hansard gerne als Stilmittel verwendet: Nach der Mitte setzt eine verzerrte Post-Rock-Wand in Richtung Mogwai oder V.A.S.T. ein, mit Chorgesängen. In der gefühlten Ruhe nach dem Sturm folgt atmosphärischer Gesang der Gastsängerin Aida Shahghasemi – ein gelungenes Highlight.
„Race to the Bottom“ erscheint als unaufgeregte Midtempo-Nummer mit orientalischen Phrasierungen. Dabei singt Hansard lakonisch über eine Existenz in Paris und die Unvermeidbarkeit des Scheiterns. Das klingt mit seinen wiederkehrenden Textzeilen „It’s a long way down to the bottom / That we’ve been racing“ nach beißendem Sarkasmus und Nihilismus, ähnlich wie bei Leonard Cohen oder Bob Dylan. Ein weiterer Höhepunkt, der einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt – auch weil Hansard auf starke dynamische Kontraste verzichtet. „Brother’s Keeper“ leitet die zweite Hälfte des Albums ein, die im klassischeren Folk-Stil produziert ist, ohne deutlichen Hall und verfremdende Sound-Effekte. Der Song, inhaltlich ähnlich schwermütig, klingt gleichzeitig süßlicher und versöhnlicher – ein melodisches Songwriter-Highlight. „Threading Water“ und „Who’s Gonna Be Your Baby Now“ erscheinen hier als ruhige, interessante Erzählungen. „Leave a Light“ beschließt das Album als ruhige, grundtönige Songwriter-Ballade.
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Die Arrangements erweisen sich als gelungen, als Sänger lotet Glen Hansard gerne Extreme zwischen ruhigen Stellen und laut „flehenden“ Gesangs-Parts aus. Auch die leicht unruhigen Phrasierungen des Gesangs oder teilweise nervös wirkendes Vibrato muss der Hörer mögen. Musikalisch wie textlich fügen die zwölf Songs dem Schaffen Hansards gelungenen Bestand hinzu. Hansard-Fans werden in gewohnter Songwriter-Qualität bedient, mit oft reizvollen Experimenten.
Klanglich erscheint das Album zunächst unauffällig und funktioniert weitgehend ausgewogen. Lediglich das Höhenspektrum erscheint einerseits belegt, gleichzeitig zischen einzelne Hi-Hats. Das dicht besiedelte Hochmittenspektrum sticht stellenweise unangenehm heraus. Auch Hansards Gesang klingt etwas dumpf, bei „Leave A Light“ gar unangenehm nasal. Gleiches gilt für die Fiddle im Song, die ebenfalls mittig heraussticht – das mindert das Potenzial eines fantastischen Songs.
BEWERTUNG GLEN HANSARD – THIS WILD WILLING
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 8 |
Klang | 7 |