Der Singer/Songwriter Fish, ehemaliger Sänger der Progressive-Rock-Band Marillion, hat mit „Weltschmerz“ sein elftes Studioalbum veröffentlicht. Der 62-jährige Schotte greift mit dem Titel das in Englisch und Deutsch gleichbedeutende Wort auf. Drei der zehn Stücke veröffentlichte Fish bereits 2018 auf der EP „A Parley With Angels“.
Zwischen Ambient und Progressive-Pop-Rock
Das achtminütige „Grace of God“ eröffnet das Album mit Percussion-, Synth-, Flöten- und Akustikgitarren-Sounds; atmosphärisch erinnert Fish entfernt an eine Mischung aus Pink Floyd und Peter Gabriel – Letzterer findet sich auch im Timbre der Stimme des Sängers wieder. „Man With a Stick“ erscheint als Uptempo-Progressive-Pop-Nummer, mit behutsam angezerrten Gitarren, Percussion, Drums und einem melodiösen Synthesizer-Riff-Part – das geht ins Ohr. „Walking on Eggshells“ ist mit nebulösen Klanglandschaften zwischen Synthesizern, Akustikgitarren, Streichern und leicht vertrackter Schlagzeug- und Gesangsrhythmik mysteriöser gehalten, gelegentlich nah an überzogenem Pathos. Auch textlich taucht Fish in tiefe Metaphern ab. „This Party’s Over“ – eine Abrechnung des Ich-Erzählers – verknüpft Pop mit Progressive-Elementen: World-Percussion, ein wilde Saxofon-Einlage, dazu vertrackte Rhythmik mit eingängigen Motiven.
Weitläufige, tragende Progressive-Kompositionen
Das mit knapp 16 Minuten längste Stück des Albums, „Rose of Damascus“, beginnt sphärisch, mit offenen Mollharmonien, leichten Akustikgitarren-Tupfern und Fretless Bass. Schließlich gesellen sich Streicher mit arabisch anmutenden Kaskaden hinzu, anschließend baut sich der Song mit flott abgestoppten Akustik-Akkord-Riffs auf, geht in elegisch tragende Midtempo-Passagen mit ungerader Rhythmik über, um in eine atmosphärische Erzählung zu münden. Das erinnert in der Komplexität an frühe Genesis-Nummern, ein Höhepunkt des Albums und ein Genuss für Fish-Fans. Der „C Song (The Trondheim Waltz)“ kombiniert einen tragenden Walzer mit Irish-Folk-Elementen – inszeniert als gewichtiger Stomper , der an ein Gelage in einer Kneipe erinnert. Das fast elfminütige „Little Man What Now?“ vermittelt Zerrissenheit, untermauert mit schwülen, dicken Synthesizer-Fahnen, überblasenen, fast atonalen Saxofon-Einwürfen und ungerade hakelndem Schlagzeug. Hier bringt Fish die bereits erwähnte Genesis-Komplexität mit den 1970er-Jahre-Atmosphären von Pink Floyd zusammen. Mit „Weltschmerz“ greift Fish die Irritation um den Zustand der Welt auf, der im Erzähler Wut aufkommen lässt.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Größtenteils hochwertige Produktion
„Weltschmerz“ ist weitgehend hochwertig produziert, mit fülliger, klarer Stimme sowie atmosphärischen Klangfarben. Lediglich manche Akustikgitarren-, Percussion- und Schlagzeugklänge erscheinen in der Ansprache leicht hart – etwa bei „Grace of God“ oder „Man With a Stick“. Bei letzterem wie auch bei „This Party’s Over“ oder „Weltschmerz“ wirkt das Höhenspektrum überzeichnet, was beim Hören schnell ermüdet. Bei „C Song (The Trondheim Waltz)“ klingt die Akustikgitarre seltsam widerspenstig in der Rhythmik, wie auch im Höhenspektrum. In „Little Man What Now?“ fällt ein unangenehmer Peak im Hochmittenbereich auf. Umgekehrt trägt etwa die mitreißende Atmosphäre bei „Rose of Damascus“ über leichte Höhenspitzen hinweg – insgesamt bleibt musikalisch ein weitgehend gelungenes Erlebnis, das komplexe Elemente mit einhüllenden Sphären vermischt.
FISH – WELTSCHMERZ
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 7 |