Einbrennen, Einfahren, Einrauschen – Was ist dran am „Burn-In“?

Kopfhörer Einbrennen

Die Frage, ob das Einbrennen von Hi-Fi-Geräten vor dem Erstgebrauch tatsächlich nötig ist, wird unter Musikliebhabern und Klangenthusiasten nicht nur in Audioforen kontrovers diskutiert: Häufig wird der auch „Burn-In“ genannte Prozess als Glaubensfrage angesehen, mitunter auch schlicht als ‚Voodoo‘ abgetan. Während die einen das Einbrennen ihrer Kopfhörer, Lautsprecher und Tonabnehmer als unabdingbar begreifen, sehen die anderen es als reine Zeitverschwendung an. Wir erklären, was wirklich dran ist am vermeintlichen Hokuspokus, der um das Einbrennen von Hi-Fi-Geräten betrieben wird.

Der Vorher-Nachher-Effekt

Kopfhörer Einbrennen
Das Einbrennen von Kopfhörern wird heiß diskutiert.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es durchaus vorkommen kann, dass der eine oder andere Kopfhörer zu Beginn beispielsweise noch einen leicht blechernen und hohlen Klang aufweist, dieser dann jedoch im Laufe des Burn-In-Prozesses mehr und mehr verschwindet. Ein anderes Beispiel ist, dass ab einem gewissen Lautstärkepegel im Bassbereich merkliche Verzerrungen auftreten oder in den Höhen ein unschönes ‚Kratzen‘ vorliegt, davon nach dem Einbrennen des Geräts dann jedoch nichts mehr zu hören ist und die Höhen deutlich weicher klingen. Was schon für Kopfhörer im Kleinen gilt, spielt bei Lautsprechern, die deutlich größere Hubwege leisten, noch eine umso entscheidendere Rolle. Auch Tonabnehmer von Plattenspielern können nach einer angemessenen Burn-In-Phase richtiggehend ‚aufblühen‘.

Im Übrigen ist all das ungeachtet anders lautender Behauptungen auch tatsächlich messbar, wie verschiedene Experimente gezeigt haben. Nach streng wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte und groß angelegte, repräsentative Forschungsstudien hierzu liegen jedoch bis dato nicht vor. Und so ist dieses audiophile Streitthema generell erst einmal differenziert zu betrachten.

Psychoakustik und Gewöhnungs-Effekt

Lautsprecher Einbrennen
Auch Lautsprecher können vom Burn-In profitieren.

Darüber hinaus nehmen Nutzer von Kopfhörern & Co. im Laufe der Zeit oft auch nicht messbare klangliche Verbesserungen wahr. Häufig wird dabei von psychoakustischen Effekten respektive vom sogenannten Gewöhnungs-Effekt gesprochen. Dieser tritt insofern ein, als dass sich das menschliche Gehör schlicht und einfach an den Klang des neuen Kopfhörers beziehungsweise Lautsprechers gewöhnt. Hierbei bemerkt der Hörer klangliche Charakteristika, die er zu Beginn möglicherweise als störend empfunden hatte, später nicht mehr im selben Maße wie am Anfang oder überhaupt nicht mehr.

Hinzu kommt noch ein weiteres so gar nicht technisches Moment – und das hat mit der individuellen Sensibilität des jeweiligen Hörers für das Wahrnehmen feiner Klangunterschiede zu tun. Ein solcher Gewöhnungs-Effekt beziehungsweise das „Schönhören“ des neuen Hi-Fi-Geräts ist zwar keineswegs zu leugnen, es steht allerdings auch ebensowenig im völligen Widerspruch zu den möglichen Effekten des Burn-Ins.

Warum das Einbrennen sinnvoll ist

Denn es deutet vieles darauf hin, dass das Einbrennen von Kopfhörern & Co. mehr als ein reiner Mythos ist. Darum sollte man auch grundsätzlich nicht ausschließlich den ersten Klangeindruck bewerten und sich ein womöglich vorschnelles negatives Urteil bilden, sondern dem Kopfhörer respektive dem Lautsprecher oder Plattenspieler völlig unvoreingenommen entgegentreten und ihm die Chance geben, sich über einen längeren Zeitraum zu beweisen.

Tonabnehmer Plattenspieler Einbrennen
Auch ein Tonabnehmer-Burn-In kann sinnvoll sein.

Der technische Hintergrund: Analog zum Motor eines Autos oder auch zur Muskulatur eines Sportlers benötigen technische Geräte wie Kopfhörer, Lautsprecher und Plattenspieler und die darin arbeitenden sensiblen Bauteile im fabrikneuen Zustand eine gewisse Zeit zum Aufwärmen beziehungsweise ‚Einfahren‘, damit sie auf Hochtouren kommen und somit in der Lage sind, ihre bestmögliche Leistung abrufen zu können.

So sind etwa die Sicken in Kopfhörer-Membranen noch nicht von Beginn an so geschmeidig, wie sie zum Abliefern ihrer optimalen Klangleistung sein müssen. Erst im Laufe der Zeit und mit entsprechender ‚Laufleistung‘ schwingen sich die Membranen allmählich ein und werden entsprechend elastisch und zart – und das kann schließlich einen signifikanten Einfluss auf die Klangqualität haben. Wissenschaftlich erwiesen ist es bislang, wie schon erwähnt, trotz diverser Experimente – unter anderem von Prof-X und Innerfidelity – allerdings noch nicht.

Schaden kann das Einbrennen den technischen Geräten wiederum nicht und ist somit allemal einen Versuch wert. Durch unsere langjährige Testerfahrung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass der Burn-In-Effekt nicht nur mit Psychoakustik und reiner Gewöhnung zu tun hat, sondern den Testgeräten klangmäßig in den allermeisten Fällen tatsächlich ‚auf die Sprünge geholfen‘ hat. Viele Kopfhörer und Lautsprecher förderten dabei nach einer angemessenen Einspielzeit – hierzu später noch mehr – sogar ein ganz erheblich verändertes Klangbild zutage.

Einbrennen, ja – aber wie?

Kopfhörer Einbrennen
Beim Burn-In können viele Wege zum Ziel führen.

Das Wichtigste vorweg: DIE EINE unumstößliche Burn-In-Methode existiert nicht. Ganz im Gegenteil: Es gibt viele verschiedene Wege, die beim Einbrennen von Hi-Fi-Geräten beschritten werden können: Während die einen etwa zum Einbrennen eines neuen Kopfhörers beispielsweise White Noise (Weißes Rauschen) oder Pink Noise (Rosa Rauschen) nutzen oder auf Frequency Sweeps schwören, wird von den anderen empfehlen, zunächst mit einem leisen Signal zu starten und dieses kontinuierlich zu steigern – selbstverständlich ohne dabei über die Maximalkapazität der Kopfhörer hinauszuschießen.

Und auch ganz ’normale‘ Musik eignet sich zum Einrauschen. Hierbei kann man zum Beispiel einfach die Lieblings-Playlist rauf und runter laufen und auch einen Song oder ein Album in der Dauerschleife abspielen lassen. Darüber hinaus gibt es inzwischen auch eine ganze Reihe spezieller Burn-In-CDs sowie Burn-In-Apps sowohl für Android- als auch für iOS-Geräte.

Das Thema Einspielzeit

Lautsprecher Einbrennen
Auch das Thema Einspielzeit ist kein ganz leichtes.

Unglücklicherweise lässt sich außerdem auch nicht pauschal vorhersagen, wie lange Hi-Fi-Geräte zum Einbrennen genau benötigen. Zwar kommen einige Kopfhörer & Co. bereits im Rahmen von Testphasen am Ende der Produktionsreihe in den Genuss eines Einspielvorgangs und benötigen daher nur kurze Zeit – mitunter nur wenige Stunden – zur Entfaltung ihres gesamten Klangpotenzials. Andere Geräte wiederum benötigen hierzu deutlich mehr Zeit; teilweise sogar mehrere Tage.

Folglich gehen auch die Empfehlungen für angebrachte Einspielzeiten deutlich auseinander; die entsprechenden Angaben reichen hier von zwölf bis 200 Stunden. mobilefidelity-magazin.de gewährt allen getesteten Kopfhörern und Lautsprechern vor dem eigentlichen Hörtest eine Zeit zum Einbrennen von mindestens 48 bis 72 Stunden.

Fazit zum Einbrennen von Kopfhörern & Co.

Das Einbrennen von Kopfhörern und Lautsprechern stellt zwar keine zwingend erforderliche Maßnahme dar, und seine Wirkung auf das Klangbild ist auch nicht wissenschaftlich erwiesen. Andererseits sind entsprechende Effekte nachweislich messbar und klangliche Verbesserungen durch Prozesse wie das Einschwingen von Membranen zudem logisch nachvollziehbar. Somit spricht schon einiges für die Sinnhaftigkeit des Einbrennens.

Schaden wird der Burn-In-Prozess neu erworbenen Gerät keinesfalls. Und im Zweifelsfall hilft er vor dem ersten Hören allemal dabei, nach all der Vorfreude etwaigen unschönen klanglichen Überraschungen vorzubeugen, da Kopfhörer & Co. nach der Einrauschphase ihr gesamtes Leistungspensum – und entsprechend auch ihr volles Klangpotenzial – abrufen können und das Musikhören von Sekunde Eins an das ist, was es sein soll: ungetrübter Genuss.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie einen Kommentar ein
Bitte geben Sie Ihren Namen ein

Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung. Achtung: Die Kommentare erscheinen erst nach einer manuellen Prüfung durch die Redaktion auf dieser Seite.