Drangsal – Zores

Der 24-jährige Max Gruber alias Drangsal hat mit seinem Debüt Harieschaim 2016 einen Überraschungshit gelandet. Der junge Mann aus der Pfalz fing den Sound der 1980er New Wave Bewegung derart verführerisch ein, dass vom Depeche Mode- bis zum Smithsfan jeder wohlig-nostalgisch schwelgen konnte.

Während der Erstling mit „Will ich nur dich“ gerade mal ein Stück in deutscher Sprache enthielt, das damals an weniger kommerzielle Vertreter der Neuen Deutschen Welle erinnerte, textet Gruber auf „Zores“ nun fast ausschließlich auf Deutsch. Gruber greift hier seine pfälzischen Wurzeln auf – „Zores“ bedeutet im Dialekt einerseits Ärger, andererseits schlechten Umgang, das Cover des Albums zeigt ein ausdruckstarkes Bild aus Grubers Kindheit mit seinem Vater am Schießstand einer Kirmes.

Das Album startet elegisch mit dem Orgel-Intro von „Eine Geschichte“, das einen eher melancholischen Grundton anschlägt und von Gruber mit sehr zartem Gesang bedacht wird, bevor ein lauter Schlag das Stück unterbricht und im Hintergrund ein lauter Schrei Grubers zu hören ist. Doch Drangsals poppige Seite folgt auf dem Fuße mit dem hektischen „Jedem das Meine“ mit typischen The Smiths-Gitarren, schnell gesungenem Text und flirrenden Synthies. „Und Du? Vol. 2“ klingt Radiotauglich und offenbart Grubers stimmliche Ähnlichkeit zum jungen Farin Urlaub, wobei der Text jegliche bei den Ärzten obligatorische Ironie vermissen lässt. Die Single „Turmbau zu Babel“ könnte Fans der ersten Stunde mindestens irritieren, schließlich beginnt es schon mit den Worten „Es geht mir gut“, was zur düsteren Stimmung, die Drangsal bislang kultivierte, so gar nicht passen mag. Im Refrain legt er mit der poppigen Hookline „Alles in Ordnung, denn ich lieb dich so, ich lieb dich so“ sogar noch einen drauf – wäre die etwas melancholisch angehauchte Strophe nicht, könnte das Stück auch aus der Feder von Nena und Konsorten stammen.

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Klanglich ist das Album deutlich offener und weniger dicht gehalten als der Erstling, der mehr mit Synthieflächen „zugekleistert“ war. Gruber schichtet zwar teilweise eine Unmenge an Gitarrenspuren, sehr von den Smiths inspiriert, übereinander, doch bleibt nun auch mal Raum für eine kleine, dezente Synthielinie im Hintergrund, für einen extrem knackigen Bass und Backingvocals. Wo vorher so ziemlich jedes Instrument mit Hall belegt wurde, wird hier deutlich bewusster der Raumklang genutzt. Entsprechend wird auch das Stereopanorama, vor allem auch in der Tiefenstaffelung, ausgenutzt, um alles etwas luftiger zu machen. Die Stimme steht dagegen wie ein Fels in der Brandung direkt und weniger effektbeladen im Vordergrund, so dass immer eine Art Spotlight auf den Texten liegt und diese immer klar verständlich sind. Das unterstreicht Drangsals Status als textzentrierte Band und sorgt für hartnäckige Ohrwürmer, denn auf den ersten Blick holprige Zeilen wie „Magst du mich oder magst du bloß noch ein altes Bild von mir“ bleiben lange im Kopf kleben und passen mehr zu den sonnigen Tagen, als man es vom düsteren Drangsal je geglaubt hätte.

BEWERTUNG DRANGSAL – ZORES

TESTERGEBNIS Punkte
Musik 7
Klang 7
So testet und bewertet mobilefidelity magazin.

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