Passend zum 25-jährigen Band-Jubiläum veröffentlichten die Dandy Warhols mit „Why You So Crazy“ ein neues Album. Der große kommerzielle Erfolg blieb seit dem 2002er Song „Bohemian Like You“ aus. Danach hat sich die Gruppe aus Portland, Oregon, weiterhin unbeirrt auf Experimente zwischen Indie-Rock, Shoegaze, Psychedelic Rock und Country-Anklängen verlegt.
Das kurze Intro „Fred ‚n‘ Ginger“ erscheint als Verballhornung eines 1950er-Jahre-Crooner-Songs, mit Mellotron-artigen Streicher-Loops und Lo-Fi-Vinyl-Rauschen. „Terraform“ setzt auf einen minimalistischen Beat sowie ein Synth-Pattern und verzerrte Gitarren-Geräusche, dazu der gewohnt lakonische Gesang von Frontmann Courtney Taylor-Taylor. Jene stoische, merkwürdig nihilistische Abstraktion wirkt ideell bei den Talking Heads und musikalisch bei New Order angesiedelt. Das Spiel mit und gegen Erwartungen passt zum Kerngedanken der Band – soweit ein „typisches“ Album.
Das von Keyboarderin Zia McCabe gesungene „Highlife“ nimmt wiederum belanglosen Klischee-Country-Folk auf die Schippe, sodass auch die letzte Harmoniefolge vorhersehbar wird. Dabei bleibt unklar, wo die Grenzen zwischen Ironie und Banalität letztlich verlaufen. „Be Alright“, die erste Single-Auskopplung des Albums, stellt ein Highlight dar, mit vergleichsweise treibendem Rhythmus und eingängigem Refrain, untermalt von einem verzerrten Bass. Gleichzeitig verbleibt der Song durch die immer gleiche Harmoniefolge in seiner eigenen Monotonie.
„Thee Elegant Bum“ greift 1980er-Jahre-Sound-Elemente wie bei „Terrafoam“ auf, mit stoischem Rhythmus, Synthie- und Vokal-Einwürfen. „Sins Are Forgiven“ ist – ähnlich wie „Highlife“ – ein countryesker Song mit vorhersehbarer Gute-Laune-Schunkelmelodie; stimmlich klingt Courtney Taylor-Taylor hier erstaunlich „normal“, ohne Gesangsverfremdung oder Kopfstimmen-Einsätze. Das Ergebnis erinnert an Eels-Frontmann Mark Oliver Everett.
Bei „Next Thing I Know“, getragen von einem fast dissonant verlaufenden Synthesizer-Puls und einem langsamen Chillout-Beat, herrscht statt lakonischer Grundhaltung gefühlte Endzeit-Dystopie vor. „Small Town Girls“ setzt wiederum auf den neuen Mix aus Ironie und Belanglosigkeit – eine Folk-Pop-Nummer mit Midtempo-Rhythmus und Akustikgitarren.
Das langsame „To the Church“ bietet interessante Harmonien, in ein Gewand aus herausfordernden Ring-Modulator-Effekten gehüllt – das macht das Anhören nicht einfach. Scheinbar banaler geht es danach mit „Motor City Steel“ weiter – ein Schunkel-Song mit simplen Melodiewechseln, der nur vordergründig die Vorzüge des amerikanischen Traums (im Refrain durch freie Fahrzeugwahl heimischer Produktion dargestellt) thematisiert. Darunter spielt sich das Scheitern der Beziehung der beiden Protagonisten Travis und Ricky ab, da Ricky nach Frankreich emigriert.
Das Moll-lastige „Forever“ bietet als Midtempo-Ballade ein eingängiges Synth-Pattern, kombiniert mit dünnem Gesang mit Telefon-Klangeffekt. Der Song „Ondine“ beschließt das Album mit einer gelungenen Überraschung: Kurz überlappt von experimentellen Synthesizer-Einwürfen, entpuppt sich das gut sechsminütige Stück als komplexes wie flink-filigranes Klavierwerk, das harmonisch spannende Wendungen bereithält – ein weiterer Höhepunkt.
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Bis auf „Be Alright“ und „Ondine“ alterniert das Album vorwiegend zwischen Synth-Experimenten und „klassischen“ Country-Folk-Songs. Im Spannungsfeld zwischen Ironie und Lakonie ist grundsätzlich alles möglich – allerdings bleibt bei einzelnen Songs nicht erkennbar, ob sie absichtlich belanglos gehalten sind. Stattdessen drängt sich der Gedanke auf, dass die Monotonie teilweise als Folge der Qualität des Song-Materials entsteht. Vorherige Alben hatte die Band konsequenter produziert.
Klanglich fällt einerseits eine gelungene Balance ohne unangenehme Frequenzspitzen auf, andererseits wirkt das Stereobild, etwa einzelner Synth-Sounds, merkwürdig breit gezogen. Bei „To the Church“ passt es allerdings zum Konzept der verstörenden Klänge, dass auch das Panorama wenig freundlich gestaltet wird. Insgesamt sind die Sounds des Albums eher „sparsam“ gehalten: Das Klavier auf „Ondine“ wirkt indirekt und weit entfernt, auch Schlagzeug- und Bass-Sounds klingen entfernt und „schmal“. Musikalisch wie klanglich bildet das neue Album der Dandy Warhols einen Gegenentwurf zu brachialeren Indie-Rock-Produktionen früherer Tage.
BEWERTUNG THE DANDY WARHOLS – WHY YOU SO CRAZY
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 6 |
Klang | 6 |