Der kanadische Entertainer und Pianist Chilly Gonzales begann 2004 seine „Solo Piano“-Reihe mit eingängigen wie anspruchsvollen selbstkomponierten Stücken, aktuell liegt das dritte Album vor.
Ursprünglich hat Gonzales Jazz-Piano studiert, versuchte sich zunächst als Rapper mit intelligenten sozialkritischen Texten. Mit „Solo Piano“ besann er sich auf seine ursprüngliche Kernkompetenz als Pianist. Das Ergebnis der Instrumental-Miniaturen fand umgehend Anklang in der Jazz- und Klassikszene und wurde beispielsweise mitEric Satie verglichen Im Gegensatz zu den – bewussten – Affekten des extrovertierten Künstlers, der im Bademantel und Pantoffeln auftritt, mit dem „etwas lächerlichen“ Künstlernamen, wie er kürzlich sagte, um sich von gängiger Überhöhung im Klassikbereich abzugrenzen, kommt sein Klavierspiel ohne Affektiertheit, emotionale Überspitzung oder zerdehnte Kunstpausen aus. Trotz markanter Individualität scheint der Musiker ganz in der Komposition zu verschwinden. Wie individuell Gonzales‘ Anschlag und Phrasierung ausfällt, zeigt sich beim Versuch, die vermeintlich leichtgängigen Stücke nachspielen wollen – was schnell in Belanglosigkeit verfällt.
Mit seinem zweiten Album hatte sich Gonzales von hypnotischen „Kammerstückchen“ zu „raumgreifenderen“ Melodien entwickelt, „Solo Piano III“ deckt hingegen mit seinen 15 Stücken zwischen anderthalb und vier Minuten beides ab – fast intime Kleinode („Famous Hungarians“, „Chico“, „Be Natural“) und aufwendigere, geschäftigere Kompositionen („Nimbus“). Dabei wird Gonzales insgesamt tonal experimentierfreudiger mit harmonischen Spannungen („Prelude in C Sharp Minor“), trotzdem bleibt das Ergebnis kompakt, zugängig, gut durchhörbar und interessant, ohne sich in Beliebigkeit zu verlieren. Wie schon bei den beiden Vorgängern setzt er statt auf einen Flügel bewusst auf ein „herkömmliches“ Klavier (auch Pianino genannt), was weniger kräftig, sozusagen „verletzlicher“ klingt als die Bass-, Oberton- und Sustain-reichen Töne eines Flügels.
In der Aufnahme erscheint „Solo Piano III“ allerdings zwiespältig: Klang das erste, analog aufgenommene Album noch kraftvoll, charmant, unmittelbar und gut ortbar, inklusive bewusster Geräusche der Piano-Mechaniken, schien „Solo Piano II“ trotz mindestens ebenso gelungener Komposition belangloser, ohne jeden Charme und Direktheit: Das Klavier klang weiter entfernt, substanzlos ohne Bässe, die von Gonzales bewusst gespielte Dynamik war nur zu erahnen. Stattdessen blieben überbetonte Hochmitten, die bei längerem Hören unangenehm aufs Ohr drückten, und ein undifferenziertes Stereobild. „Solo Piano III“ reiht sich klanglich leider ähnlich ein, mit etwas weniger störenden Hochmitten. Der Gesamtklang transportiert die gelungene Musik und Gonzales‘ Spieldynamik nur ansatzweise. Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise die im letzten Jahr erschienene Zusammenarbeit mit Pulp-Sänger Jarvis Cocker, „Room 29“, wo Gonzales‘ Klavier dicht, präsent und unaufdringlich zugleich klingt.
BEWERTUNG CHILLY GONZALES – SOLO PIANO III
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 9 |
Klang | 6 |