Gitarrist und Sänger Joey Burns, der Calexico zusammen mit Schlagzeuger John Convertino Mitte der 1990er in der Bandheimat Tucson, Arizona gegründet hat, liefert mit seiner international besetzten, mittlerweile siebenköpfigen Truppe (samt dem deutschen Trompeter Martin Wenk) in verlässlicher Regelmäßigkeit abwechslungsreiche Alben ab, auf denen sie Indie-Rock mit Latin- und Mariachi-Einflüssen kombinieren.
Zum Instrumentarium zählen neben Jazz-inspiriertem Schlagzeug und E- wie Akustikgitarren auch Trompeten, Akkordeon, Vibraphon oder Lap-Steel-Gitarre. Mit dem aktuellen, neunten Album „The Thread That Keeps Us“ widmet die Band sich vore allem dem Folkrock, wobei Experimente innerhalb der Arrangements zunehmen: Als Eröffnung beginnt „End Of The World With You“ als Folkpop-Indie-Nummer mit Gitarrenmelodien, die an Sirenen erinnern – eine Art „sanfter Alarm“ mit gelegentlichen Noise-Ausbrüchen. „Voices In The Field“ lässt Tex-Mex-Latin-Mix samt Call-Response anklingen. Das spanische „Flores y Tamales“ setzt auf für Calexico typische Latin-Akkordwendungen und -Rhythmen, das harmonisch monotone „Another Space“ als Kontrast auf ungewohnte rhythmisierte Synth-, Gitarren- und Percussion-Klänge, mit Stakkato-Gesangseinlagen.
„Under The Wheels“ beginnt mit einem Drum-Computer-Rhythmus, auf den sich Convertino draufsetzt, und klingt fast wie minimalistischer Funk mit Latin-Einflüssen. Der Song geht im Refrain flächig auf – ein Markenzeichen eingängiger Calexico-Songs, und eines der Highlights des Albums. Wie oft bei Calexico, die durch die Grenznähe zu Mexiko beeinflusst sind, klingen politische Botschaften mit – so wird hier thematisiert, dass man „unter die Räder der Kriegsmaschinerie“ gekommen sei, wo rationale Argumente mittlerweile nicht mehr gehört würden, und man dem System trotzen müsse. Passend zur Botschaft ist hier der Gesang stärker angezerrt.
Danach wirkt „The Town & Miss Loraine“ als Kontrast: Eine zeitlose, ruhige, mit Besen gespielte Folkballade samt Streichern, Vibraphon und gelegentlichen Bläsersatz-Crescendo, die die Songwriting-Stärken der Band schön ausstellt – ebenfalls ein Highlight.
Das minimalistische „Shortboard“ – ein gefühlter spätnächtlicher Surf-LSD-Trip – schafft eine interessante Atmosphäre. Eines der unerwarteten Instrumental-Highlights: Das rund einminütige „Spinball“, eine grobe, gleichzeitig spannende Klangatmosphäre aus Gitarren und Becken, bei der Convertino entfernt an die Jazz-Legende Paul Motian erinnert.
Die Produktion setzt auf einen betont rauen Indie-Klang, mit leicht bis deutlich angezerrtem Gesang und eher dumpfem Gesamt-Sound. In den lauteren Songs droht bei dicht geschichteten Arrangements, aus denen lediglich einzelne Trompetenstöße emporragen, der rote Faden verloren zu gehen. Auch der Mix schafft bei den eingangs erwähnten „End Of The World With You“ und „Voices In The Field“ mehrere Elemente, die um die Aufmerksamkeit des Hörers konkurrieren, statt sie zu führen. Das gibt die dynamischen Qualitäten und sortierten Arrangements, die Calexico regelmäßig als Live-Band präsentiert, nur bedingt wieder und ermüdet beim Hören auf Dauer. Hier hätte etwas mehr Transparenz den Songs vermutlich gutgetan – was sich bei den leiseren Stücken andeutet.
BEWERTUNG CALEXICO – THE THREAD THAT KEEPS US
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 7 |
Klang | 6 |