Seit eh und je gibt es Exoten in der Popwelt, welche trotz exzentrischer Eigenarten oder scheinbar massenuntauglicher Musik mit jedem neuem Album ihre Daseinsberechtigung in der Musikwelt untermauern. Ganz vorne mit dabei in dieser Kategorie ist die Isländerin Björk, die nun mit ihrem zehnten Album „Utopia“ klanglich an den Vorgänger „Vulnicura“ anknüpft.
Privat hat Björk seit ihrem letzten Album so einiges durchlebt. So hat sie sich 2015 von ihrem damaligen Partner und Vater ihrer Tochter getrennt. Diese Erlebnisse verarbeitet sie in „Sue me“, in dem sie die „Sünden des Vaters“, wie seinen Narzissmus, und die Einstellung diese Eigenschaften seit Generationen in sich zu tragen kritisiert. Aber Björk wäre nicht Björk, wenn sie nicht auf der anderen Seite diese Ereignisse als Chance für Neues sehen würde. So singt sie in „The Gate“, dass sich die geheilte Wunde in ihrer Brust zu einem Tor gewandelt hätte, aus dem sie Liebe sendet und diese empfängt.
Musikalisch vereint Björk zusammen mit ihren Produzenten erfolgreich verschiedenste Elemente, die scheinbar keinen Bezug zueinander haben. Als harmonische Grundlage dienen sehr oft Harfen, Flöten Ensembles, Streicher oder Chöre, während der rhythmische Anteil und der des Sounddesigns größtenteils elektronischer Art sind. So hören wir in „My Body“ wie Björk über einen Chor singt, der von einem Beat aus Elektronica und Tiergeräuschen getrieben wird. Bei genauem Hinhören haben diese zuerst seltsam anmutenden Elemente meist direkten Bezug zu den Texten der Stücke.
Die Produktion der Platte ist Björk-typisch auf höchstem Niveau. Abgesehen der uns teilweise fremd erscheinendem Tonalitäten ihrer Melodien, schafft sie es immer diese mit Halleffekten auf ihrer Stimme noch mehr in Szene zu setzen. Grundsätzlich ist die Stimme der klare Mittelpunkt der Produktion und alles schart sich darum. Auch wenn es teilweise rhythmisch heftig zugeht und Industrial-Elemente auf Drones und Tiefbässe treffen, bleibt das Hörerlebnis differenziert. Die klassischen Elemente wie Harfen oder Streicher sind wunderschön aufgenommen und transportieren klanglich, was musikalisch vorgegeben wird. So perlt die Harfe in „Blissing Me“ dahin, während die schon fast sakral anmutenden Flöten in „Utopia“ in einem schönen Raum aufgehen.
Ohne Frage ist Björk eine der großen Künstlerinnen unserer Zeit. Dies führt sie uns wieder einmal mit „Utopia“ vor Augen. Generell stellt sich hier die Frage, warum es immer nur vereinzelt Künstler dieser Art schaffen, groß Kariere zu machen. Dabei bietet diese Art der Musik einen Facettenreichtum an Höreindrücken und einen lyrischen Tiefgang, der sich im Großteil unserer populären Musik schmerzlich vermissen lässt.
BEWERTUNG BJÖRK – UTOPIA
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 9 |
Klang | 8 |