Die britische Folk/Rock-Band Bear’s Den existiert seit 2012; ursprünglich als Trio gegründet, bestehen die Londoner Musiker mittlerweile nur noch aus Gitarrist/Sänger Andrew Davie und Joey Haynes, der Gitarre, Banjo und zusätzlichen Gesang liefert. Ergänzt werden sie durch einen Session-Musiker für Live-Shows. Mit „Fragments“ hat die Gruppe ihr viertes Album veröffentlicht – zusammen mit dem Komponisten und Arrangeur Paul Frith, der etwa Streicher-Arrangements für Radiohead übernommen hat.
Drei Shows von Bear’s Den mit Streicher-Ensemble und einer klassischen Pianistin waren überaus erfolgreich. Daraufhin entstand „Fragments“ als Aufnahme mit Orchester und Piano im Studio, mit Friths überarbeiteten Arrangements und vier neuen Instrumentalkompositionen des Arrangeurs.
Bear’s Den mit Streicher-Rhythmik und epochaler Weite
„Fuel on the Fire“ eröffnet das neue Album von Bear’s Den mit angenehmen Texturen aus Akkorden und Streicher-Rhythmik unter Davies‘ Gesang. Das Stück entwickelt im Gegensatz zur elektrolastigen Ursprungsvariante eine zusätzliche epochale Weite, die besonders im Refrain zum Tragen kommt. Das erinnert an Coldplay, allerdings ohne den Latin-Pop-Einschlag à la „Viva la Vida“ – ein Anspieltipp. „Auld Wives“ wirkt dringlicher und dramatischer, mit zackigem Streicher-Rezitativ, bevor im Refrain Klavier-Rhythmus-Kaskaden und schließlich ein verhaltener Bassdrum-Klang einsetzen – das klingt dynamisch und lädt trotz aller Dramatik zum Einsinken ein.
Das einminütige „Can’t You Hear It in the Silence“ stellt eines der Instrumentale des neuesten Albums von Bear’s Den dar, die neu komponiert wurden – ein kurzes Rezitativ, das im Crescendo anschwillt, wie eine Verbindung zwischen den Stücken. „Crow“ beginnt ‚klassisch‘ mit Akustik-Akkorden und Davies‘ Vocals. Darunter geht eine experimentell-verhallte Atmosphäre auf, dazu Klavier-Akkorde – das klingt nach Winter und nicht zuletzt durch die erhabenen Holzbläser gleichzeitig nach Hoffnung – ein weiterer Höhepunkt.
Bear’s Den zwischen Folk-Pop mit Country-Einschlag und Elektro-Ästhetik
„Isaac“ beginnt mit Akustikgitarre, Banjo und verhaltenen Folk-Drums. Der leicht wehklagende Gesang wirkt etwas melodramatisch, die Akkorde bekannt; hier begleitet Friths Arrangement den Song vergleichsweise dezent. In den späteren Strophen gesellt sich ein Streicher-Bett zur Performance, das zunehmend Raum einnimmt. Das instrumentale „Fireworks Flashing“ bietet fast statische Klavier-Kaskaden à la Electro-Pop, die von Streichern umspielt werden. Bei „When You Break“ greifen die Streicher die Hauptmelodie auf, bevor Drums, Bläser und Streicher die Rhythmik komplex und eingängig vorantreiben. Die Ästhetik erinnert an eine Mischung aus der Beatles-Nummer „Eleanor Rigby“ und – erneut – „Viva la Vida“ – ebenfalls ein Anspieltipp auf dem neuen Longplayer von Bear’s Den.
„Broken Parable“ bietet eine ruhige, leicht düstere Ballade, deren abfallende, dunkle Streicherklänge Vorboten darstellen, fast wie leise Sirenen, die zurückhaltend mitschwingen; das nimmt den Hörer mit auf eine Reise, wirkt mit einsetzendem Rhythmus allerdings überfrachtet geschäftig. Hier war die Original-Version von Bear’s Den als kühle 1980er-Jahre-Version arrangiert, die sich mit stoischer Drum-Computer-Ästhetik nach vorne pflügte. „Napoleon“ schließt die zwölf Stücke, als Klavier-/Streicherballade, die sich in ihrer Intensität nach oben schraubt, gleichzeitig allerdings ebenfalls etwas überarrangiert wirkt. Umso passender ist dafür die dezente Snare-Marschrhythmik samt Bläser-Einsatz gegen Ende, die bereits in der ursprünglichen Studioversion enthalten war.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von open.spotify.com zu laden.
Klangbild im Sinne eines gelungenen Live-Mitschnitts
Insgesamt verleihen die neuen Arrangements den Stücken von Bear’s Den andere atmosphärische Zwischentöne, etwa bei „Fuel on the Fire“. In einzelnen Fällen ist der Klangkörper des Orchesters überdimensioniert, sind die Arrangements zu dicht. Der Klang erscheint grundsätzlich ausgewogen, ohne überbetonte Höhen. Das Stereopanorama der Instrumente ist sehr breit gezogen, was den einzelnen Instrumenten die Definition nimmt. Davies‘ Gesang wirkt etwas belegt und die Bassdrum der gelegentlichen Drums ist bemerkenswert zurückhaltend im Mix platziert. Das bleiben überschaubare Wermutstropfen – die Performance von Bear’s Den hüllt ein, und „Fragments“ lädt zum Durchhören ein.
BEAR’S DEN + PAUL FRITH – FRAGMENTS
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 8 |
Klang | 7 |