Mit „Such Pretty Forks in the Road“ veröffentlichte Alanis Morissette Ende Juli ihr neuntes Studioalbum. Nach acht Jahren Pause ist das brandneue Album schwermütiger und noch als vorige Veröffentlichungen der 46-jährigen kanadisch-amerikanischen Musikerin, die ihren großen Durchbruch bereits 1996 mit dem Welthit „Ironic“ vom Erfolgsdebüt „Jagged Little Pill“ feierte. Dabei werden unter anderem sehr persönliche Angelegenheiten wie zum Beispiel ihre postnatale Depression oder ein Millionenbetrug ihres ehemaligen Managers thematisiert.
Gewichtige Klänge
„Smiling“ eröffnet das neue Album von Alanis Morissette ambivalent; textlich mit einer Erzählung darüber sich trotz erlebter Widrigkeiten nicht unterkriegen zu lassen – und umgekehrt auch nicht stillstehen zu können. Die Schwermut eröffnet sich bereits in den Moll-lastigen Harmonien des Gitarren-Patterns, dazu gewichtige Streicher und tiefes Schlagzeug. Der Refrain ist eingängig, am Ende geht das Stück in flotten Noise-Rock über – ein gelungener Einstieg und Anspieltipp. Der Gesang von Alanis Morissette kippt als Stilmittel gelegentlich kurz in die Kopfstimme und wirkt kurz überdramatisiert – das muss man mögen. Das ebenfalls eingängige „Ablaze“ handelt, ähnlich hierzu, von Vergänglichkeit und Rückschlägen – und trotzdem dem Nachwuchs die Perspektive zu erhalten. Das Ergebnis ist etwas leichtfüßiger und Pop-lastiger gehalten.
Moderne R&B-Pop-Einflüsse und Balladen
„Reasons I Drink“ ist modern gehalten, mit künstlich klingendem Stakkato-Piano im aktuellen R&B-Stil, dazu lautmalerische Gesangslinien zum Mitsingen. Der gradlinige, mit Akustik-Drums gespielte Rhythmus lädt zum Mitwippen ein, auch der Refrain bleibt hängen. „Diagnosis“, als Klavierballade mit Streichern arrangiert, rekapituliert die oben bereits angesprochene Erfahrung postnataler Depression. „Missing the Miracle“, ebenso eine Klavierballade, ist durch Drums ergänzt – der Song hüllt atmosphärisch angenehm ein. Ein weiterer Höhepunkt: „Losing the Plot“. Jener Song baut ebenfalls auf Klavier auf, setzt dabei allerdings stark auf Sound-Effekte mit Kompression und 1980er-Jahre-Schlagzeug-Klänge. „Sandbox Love“ bietet einen flotten Radio-Pop-Song. Die restlichen der elf Tracks des Longplayers – allesamt gelungen, wohlgemerkt – sind weitgehend Balladen, darunter das opulente „Nemesis“, das in eine flotte Disco-Pop-Nummer übergeht. Das ist der heimliche Star des Albums.
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Alanis Morissette liefert elf tolle Songs in gutem Klang
Was Alanis Morissette auf ihrem neuesten Album abliefert, ist durchweg hochwertiges, auch zeitgemäßes Songmaterial. Der flippige ‚Gassenhauer-Charakter‘ früher 1990er-Jahre-Singles ist Nachdenklichkeit gewichen, was aber nichtsdestotrotz energetisch bleibt. Die interessanten Experimente der Künstlerin, die sich auch in komplexen Arrangements wiederspiegeln, sind angenehm zu hören, ohne sich dabei schnell abzunutzen. Klanglich ist „Such Pretty Forks in the Road“ ähnlich gut produziert, mit vollen Einzelklängen, die gut ortbar im Stereobild verteilt sind. Einzelne Klänge sind sehr breit phasenverschoben gefächert, sodass sie etwas unangenehm klingen und im Stück leichte Nervosität verbreiten – darunter die zentrale Picking-Gitarre in „Ablaze“ oder das Piano in „Losing the Plot“. Insgesamt ist die Produktion in ein zeitloses Klangbild gehüllt, ohne übermäßige Lautheitskompression oder überbetonte Höhenwiedergabe. Stark!
ALANIS MORISSETTE – SUCH PRETTY FORKS IN THE ROAD
TESTERGEBNIS | Punkte |
Musik | 9 |
Klang | 8 |